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… war ich Solotänzerin

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Ein Experiment: Was passiert, wenn frau allein tanzen geht? Ich habe es Samstagnacht ausprobiert, weil sich einfach keine Begleitung für "Tanz im Glück" im Weltecho finden ließ. Die Party versprach Dance, Electronic und House. Dazu hatten meine Füße und ich große Lust. Außerdem hat meine Ärztin mal gesagt, dass Tanzen ein ganz hervorragender Ausgleich für eine sitzende Tätigkeit ist. Damit spreche ich mir auf dem Weg in die Annaberger Straße Mut zu.

Als ich im Weltecho ankomme, stehen überall Leute, quatschen und rauchen. Als ich zwischen ihnen hindurchgehe, schauen sie mich an, als hätte ich eine Clownsnase auf. Zumindest bilde ich mir das ein. Aus der Tür zum Kino, wo die Party stattfindet, dringen wummernde Bässe. Perfekt. Nachdem ich meinen Eintritt bezahlt habe, ziehe ich die schwere Tür auf. Mein Plan ist es, gleich in der tanzenden, anonymen Menge unterzugehen. Doch hinter der Tür halten sich außer den Bässen keine 20 Leute auf. Die Tanzfläche ist leer. Es ist 0.30 Uhr. Mist. Ich bin zu früh dran. Zumindest hoffe ich das. Also hole ich mir erst einmal was zu Trinken und mache es mir auf einer der wenigen Sitzgelegenheiten gemütlich. Ich habe zwar nicht mehr den Eindruck, dass mich alle komisch ansehen, dafür ist mir jetzt langweilig. Wenigstens ist die Musik richtig gut.

Ich muss eine Stunde warten, bis sich der Laden füllt. Ab 1.30 Uhr wage ich mich auf die dunkle Tanzfläche. Ich schließe einfach die Augen, lasse die Bässe durch mich hindurchfließen und bestimmen, wie sich mein Körper bewegen soll. Das fühlt sich klasse an, ich lache vor mich hin, einfach so. Den Durchschnitt der Leute um mich herum schätze ich auf Mitte zwanzig, Ältere sind aber auch darunter. Lässige Klamotten und flache Schuhe sind angesagt, die Atmosphäre ist absolut entspannt. Ab zwei Uhr ist die Tanzfläche wirklich gut gefüllt, die meisten der Leute sind es auch. Zwei Jungs kommen auf mich zu. Einer lacht und hält mir auffordernd eine riesige Flasche Havanna Club hin. Ich danke und lehne ab, er zieht weiter und fordert quasi jeden auf, ihm beim Leeren der Flasche zu helfen. Sein Freund steht die ganze Zeit mit hängenden Armen und Mundwinkeln neben ihm. Er würde hervorragend in einen der aktuellen Vampir-Filme passen: blass, Robert-Pattinson-Frisur und zwei Piercings in der Unterlippe, Snakebites genannt. Ich lächle ihn an. Er ringt sich ebenfalls ein Lächeln ab. Dann lache ich und er lacht und strahlt zurück. Na bitte, es geht doch!

Plötzlich kommt ein blonder Typ auf mich zu, legt einen Arm um mich und brüllt mir etwas ins Ohr. Das war Englisch. Mehr verstehe ich nicht. Ich lächle, nicke und hoffe, dass es keine Frage war. Er brüllt weiter, dass er aus Oslo kommt. Ich überlege kurz, ob ich jetzt etwas Mitfühlendes sagen soll, aber er redet schon weiter. Ob ich hier bin, um zu feiern, will er wissen. Warum fragt er das? Sehe ich so aus, als wäre ich zum Putzen gekommen? Dann fragt er, ob ich die Straßen kenne. Ich zögere. Wie bereits erwähnt, kenne ich mich in Chemnitz nicht wirklich gut aus, und außerdem ist mir schleierhaft, warum er das wissen will. Ich gucke ratlos. "Du kennst nicht The Streets, die Band?!", brüllt er. Ich muss lachen. Klar kenne ich die. "Ich habe sie auf dem Melt-Fetsival gesehen", sagt er und zeigt auf ein Bändchen an seinem Handgelenk. "Und ich bin total betrunken." Das wäre mir jetzt gar nicht aufgefallen... "Willst du ein paar Bier holen?" Ich lehne dankend ab. "Soll ich ein paar Bier holen?" Ich überlege kurz, schüttele dann aber den Kopf. Er soll einfach aufhören, mir ins Ohr zu brüllen.

Gegen drei Uhr wollen meine Füße nicht mehr. Aber die haben nichts zu sagen. Der Rest vom Körper hat noch Kraft, da müssen sie jetzt durch. Die Energie reicht bis vier Uhr. Als ich mich, mit Endorphinen angefüllt, auf mein Fahrrad schwinge, bin ich längst nicht die Letzte, die geht. Auch mit Freunden hätte der Abend kaum schöner sein können.

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