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Retro- Avantgarde

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Es war vor mehr als zwei Jahren, Anfang 2010, da lautete die wichtigste Nachricht über den SPD-Fraktionschef im Bundestag Frank-Walter Steinmeier nicht, was ihm gerade im Kopf herumgeht, sondern was da auf seiner Nase sitzt. Steinmeier hatte sich gerade eine neue Brille zugelegt - und sie sah für damalige Verhältnisse ganz anders aus - dunkler breiter Rand, ziemlich groß, eckig, so altbacken, dass es schon wieder modern wirkte. Mancher witzelte, Steinmeier ähnele nun Carl Fredricksen, einem der Titelhelden im Trickfilm-Hit "Oben" - und das war gar nicht mal so sehr aus der Luft gegriffen.

Was soll man sagen? Steinmeier hat sich im Politbetrieb als Trendsetter erwiesen. Jeder dritte Hinterbänkler und jeder zweite Vor(n)sitzende trägt inzwischen ein ähnliches Brillen-Modell. FDP-Politiker Guido Westerwelle tut es, Carsten Linnemann (CDU) ebenfalls, Brigitte Zypries (SPD) genauso. Als auch noch CSU-Generalsekretär Alexander Dobrinth nachkleckerte - immerhin vor Christian Wulff -, da spottete die "Süddeutsche Zeitung", Dobrinth sähe nun aus wie der Halbbruder von Woody Allen. Woody Allen hätte die "Süddeutsche" wegen Beleidigung verklagen sollen.

Sei's drum! Mit Spannung zu erwarten ist jetzt, welche Sau als nächstes brillentechnisch betrachtet durchs bundespolitische Dorf getrieben wird. Erst recht, wo mit Dzmitry Samal nun ein Designer in Erscheinung getreten ist, dessen Kollektion der Retro-Ästhetik die Krone aufsetzt. Samals Brillen sind nicht nur groß und dickrandig, sie nehmen auch das Formverständnis früher Computer-Spiele auf. Entsprechend verspielt kommen die Gestelle daher. Sie wirken wie eine in Kunststoff gegossene Klötzchen-Grafik - genauso eckig und pixelig, wie man es aus "Tetris" oder "Pacman" kennt. Eine 300 Euro teure, handgefertigte Anleihe an die Zeit, als das Wort Grafik aus dem Mund von PC-Besitzern noch eine sehr wohlwollende Beschönigung war. Frei nach dem Motto "Nehmt das!" könnten sehschwächere Mitglieder des Bundestags mit einem Samal-Modell wenigstens in modischer Hinsicht Avantgarde bleiben, sollten die Piraten ins Parlament einziehen. Im steten Bemühen, deren Siegeszug zu stoppen, hatte man zuletzt ohnehin bereits die Brille auf.

www.dzmitrysamal.com/collection.html

Von Ronny Strobel

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