Charlie Beck ist als Polizeichef von Los Angeles ein Mann ohne Illusionen. "Ich werde nicht mehr Geld bekommen. Ich werde nicht mehr Cops bekommen. Also kann ich nur besser werden, indem ich die Dinge nutze, die ich habe", sagt der oberste Ordnungshüter der US-Westküstenmetropole.
Und tatsächlich hat Charlie Beck etwas, das seine fast 10.000 Kollegen besser werden lässt - Predpol. Hinter dem Begriff verbirgt sich nicht weniger als ein Kriminalitäts-Orakel, eine Software, die vorhersagt, mit welcher Wahrscheinlichkeit sich in L.A. Eigentumsdelikte ereignen werden. Dazu greift Predpol auf die Polizeistatistik zurück und nutzt statistische Verfahren, wie sie Geologen zur Vorhersage von Nachbeben einsetzen. Auf Grundlage dieser Daten erstellt das Programm bis auf einzelne Straßen genau sogenannte Hotspots, etwa zwei Fußballfelder große Zonen, in denen die Wahrscheinlichkeit für Delikte wie Einbrüche und Autodiebstähle besonders hoch ist. Streifen werden von Predpol per PC oder Handy rund um die Uhr mit den neuesten Erkenntnissen versorgt und gezielt zu den Brennpunkten der Stadt geschickt. Es soll Ordnungshütern zwar keine Entscheidungen abnehmen, wohl aber eine Ergänzung zum Spürsinn sein, den sich Polizisten über Jahre hinweg antrainiert haben.
Wie sich zeigt, funktioniert das recht gut. Ein Testlauf im Norden von L. A. ergab, dass die Anzahl der Delikte nach Einführung von Predpol um 13 Prozent sank, während sie in der Umgebung leicht stieg. Das hat nicht allein damit zu tun, dass mehr Delinquenten überführt werden, sondern damit, dass die stärkere Polizeipräsenz an den von Predpol ermittelten Brennpunkten Kriminelle von ihrem Treiben abhält.
Schon träumt mancher Polizist in L.A. von einer Kriminalitäts-Vorhersage, die so ähnlich funktioniert wie der Wetterbericht. Das würde sich dann wohl wie folgt lesen: "Heute in den Stadtteilen Venice, Westwood und San Pedro Wechsel von Straßenraub und Autodiebstählen, in Brentwood verbreitet Rückenschauer, in Northridge lokal begrenzt Kugelhagel. Höchstwerte: tagsüber 19 bis 23 Einschüsse pro Minute, Tiefstwerte nachts bei neun bis zehn, einhergehend mit steigender Niederschlagswahrscheinlichkeit auf der East 7th Street und der Hazard Avenue. Starker bis stürmischer Gegenwind. Die Aussichten: In Bel Air heiter, am Grand Central Market tödlich."
www.predpol.com
Von Ronny Strobel
Weitere Blog-Einträge
- Mehr Lesekomfort auch für unterwegs
- E-Paper und News in einer App
- Push-Nachrichten über den Tag hinweg
Nein Danke. Weiter in dieser Ansicht.
Artikel anhören: