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Großeinkauf und Besuch von Familien mit Waisenkindern

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Es ist Sonntag, wir besuchen sechs Familien mit Waisenkindern. Ich sortiere die Nahrungsmittel für die Familien und packe einige Kleidungsstücke und Kinderdecken zusammen. Doch wo sind die Sandalen? Ich überlege, Donnerstag sind wir zum Großeinkauf nach Rundu gefahren.  Wir beginnen unseren Einkauf im Supermarkt Shoprite. Das Maismehl ist sehr teuer geworden, da wegen der Trockenheit eine Missernte zu beklagen ist. "Versuchen wir es im Spar", meint Markus. In der Mittagshitze schieben und ziehen wir unseren schweren Einkaufswagen über Sand und Gesteinsbrocken. Ein Angestellter vom Supermarkt rennt hinter uns her, und will denn Wagen zurück haben. Marcus lacht nur, "wir laden ihn am Spar um, dann könnt Ihr ihn wieder mitnehmen." Maismehl, Zucker, Salz, Öl, Fisch und Suppen, einiges für unsere Schülerparty am Samstag und eben diese Flip-Flop-Sandalen füllen nun zwei große Einkaufswagen. Selbst Marcus möchte keinen Meter mehr laufen. Er ruft ein Taxi zum Spar. Die Einkäufe verstauen wir im Kofferraum. Der Taxifahrer muss noch tanken. Er fährt nie mit vollem Tank, das Geld dafür muss erst eingenommen werden. Wir quälen uns zur ersten Tankstelle, es gibt keinen Diesel mehr. Erst bei der dritten Tankstelle bekommen wir Sprit. Endlich können wir Rundu in Richtung n'Kwazi Lodge verlassen. Unterwegs steigen weitere Mitfahrer ein und aus. Die Schotterstraße ist sehr holprig. Wegen fehlender Stoßdämpfer nehmen wir jedes Loch mit, die Kofferraumklappe fliegt in regelmäßigen Abständen hoch. Dass im "Auto" jegliche Verkleidung oder Dämmung fehlt, nehme ich als gegeben hin. Ich akzeptiere so gut wie alles für die in großer Armut lebenden Familien, bitte jedoch immer wieder meinen Schutzengel Wolfgang, auf mich aufzupassen. In n'Kwazi sind Marcus und ich die letzten, die aus dem Taxi steigen. Zu viert tragen wir meine Einkäufe zu meinem Bungalow.
Hat vielleicht eine Mitfahrerin im Taxi, die sichtlich Probleme beim Ausladen ihrer Tasche hatte, geschickt unsere Sandalen mitgenommen? Es hat keinen Zweck weiter nachzudenken, Marcus erinnert mich nur, "Ingrid das ist Afrika."

Heute am Sonntag Nachmittag fährt uns Valerie, die Wirtin der Lodge, zu den Familien. "Wenn Du das nächste Mal wiederkommst, haben wir zwei fahrbereite Landrover. Dann kannst Du einen selbst fahren", meint Wynand, der Wirt der Lodge. Seit meinem ersten Einsatz im Jahr 2009, beobachte ich die Reparaturen bzw. den teilweisen Neuaufbau eines der beiden alten Landrover, nach dem Motto "Do it yourself". Selbst Federn werden mit der Hand auf die notwendige Größe zurechtgefeilt.
Familie Muntenda ist die Familie, die wir heute als erstes besuchen. Die Großmutter lebt mit ihren drei Enkelkindern allein. Die Eltern der Kinder sind verstorben. Marcus hat sich für die Familie eingesetzt und Waisenrente für die Kinder beantragt. Die Großmutter bezieht keine Altersrente, da sie keinen Ausweis besitzt. Sie ist ein typischer Nobody oder Niemand in dieser Region. Eines Tages informierte die Direktorin der Grundschule Marcus, dass der Junge dieser Familie die Schule nicht mehr besuche, sondern Rinder hüten müsse. Daraufhin erfuhr Marcus von der  eingeschüchterten Großmutter, dass der für sie eingesetzte Stellvertreter die Waisenrente nicht bei der Großmutter abliefere, sondern für sich behalte. Die alte Muntenda kann sich nicht ausweisen und bekommt deshalb die Waisenrente für die drei Kinder nicht ausgezahlt. Dies und einen anderen ähnlich gelagerten Fall konnte Marcus im Sinne der Waisenfamilien klären. Im zweiten Fall hat sogar die Tante der Kinder das Geld für sich verwendet und wurde wütend, als sie erfuhr, dass sie die Waisenrente ihrer Nichten und Neffen nicht mehr ausgezahlt bekommt.
In den folgenden zwei Familien, die wir besuchen, leben 17 bzw. 19 Familienmitglieder zusammen in einem Kral.

Der letzte Besuch am heutigen Tag macht mich wieder betroffen. Die Großmutter, fast erblindet, kümmert sich um ihre fünf Enkelkinder. Der Vater der Kinder wurde im Oktober letzten Jahres in Swakopwund tot aufgefunden. Die Mutter versucht ihr Glück im westlichen Namibia. Auf der Feuerstelle zwischen drei Steinen befinden sich zwei Töpfe. In einem ist der Boden gerade so mit Mutete bedeckt, einem Gemüse ähnlich unserem Spinat. Im anderen Topf schwimmen 4 schmale Maiskolben. Dieses Abendessen ist die einzige Nahrung des Tages, für sechs Personen.

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