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Das Auto, die Nacht und keine Lücke

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Manchmal spielt mir offenbar der Zufall ganz gern mal in die Hände: Zwei Tage nach meinem Blogeintrag über die Frage, ob Geschwindigkeitskontrollen an Straßen grundsätzlich überhaupt diesen Tatbestand erfüllen können, geht es nun erneut um den Vorwurf der Abzocke oder, wie ich es gern ergänzen möchte, um eine Frage von Recht und Moral. Dies ist die Kritik eines Lesers:

In einem dicht bebauten innerstädtischen Wohngebiet gibt es wenig öffentliche Parkplätze, um die sich vor allem in den Abendstunden ein regelrechtes Rennen abspielt, weil viele Anwohner keinen eigenen Stellplatz haben und darauf angewiesen sind, ihr Auto dort abzustellen, wo es im öffentlichen Verkehrsraum nicht verboten ist. Aber es kommen bei weitem nicht alle zum Zuge und stehen dann vor der Wahl: Zum einen können sie weit weg parken und einen Fußmarsch von einem Kilometer oder länger in Kauf nehmen; zum anderen können sie ihre Blechkarosse dort abstellen, wo es ausdrücklich nicht erlaubt ist und hoffen, dass zwischen Feierabend und nächstem Morgen kein Ordnungshüter vorbeikommt und ein Knöllchen hinter den Scheibenwischer klemmt.

Dieser Zwickmühle der Anwohner ist sich auch die Stadtverwaltung bewusst und schickt gerade in den Abendstunden die Vollzugsbediensteten in die Spur, die Falschparker abzustrafen und auf diese Weise weiteres Geld in die Kassen der Kommune zu spülen. Der Leser ist davon überzeugt: Das ist Abzocke. Seiner Ansicht nach müsse die Stadtverwaltung hier Fingerspitzengefühl beweisen und ein gewisses Maß an Toleranz an den Tag legen angesichts der desolaten Parkplatzsituation in diesem Wohngebiet und nicht mit dem Verteilen der Knöllchen noch den Finger in die Wunde legen.

Das sehe ich anders: Es gibt keine Rechtfertigung dafür - sieht man von der Abwehr einer Gefahr für Leib und Leben einmal ab -, ein Parkt- oder Halteverbot zu missachten und sein Auto dort abzustellen; tut man es doch, erhält man das Knöllchen völlig zurecht. Der unterschwellige Appell an das moralische Gewissen angesichts der Verantwortung für das Wohl der Bürger greift ins Leere. Wer keinen Parkplatz findet, muss sich etwas einfallen lassen; Bequemlichkeit und Stress sind keine Argumente, dieser Verpflichtung nicht nachkommen zu müssen. Und es gibt Alternativen. Ich weiß, wovon ich spreche, denn es kommt vor, dass ich wegen dienstlicher Termine nicht mit dem Zug in die Stadt und zur Arbeit fahren kann, sondern das Auto benutzen muss, und dass ich es außerdem noch eilig habe, weil ich nicht zu spät kommen darf, also den Spaziergang vom Parkplatz außerhalb des Zentrum mir aus Zeitgründen nicht erlauben kann. Was ich mache? Ganz einfach: Entweder lege ich mein Fahrrad hinten ins Auto und fahre damit ins Büro oder ich parke in unmittelbarer Nähe einer Bus- oder Straßenbahnlinie und komme auf diese Weise schnell ins Zentrum.

Natürlich bin ich mir darüber im Klaren, dass diese Argumente für die Anwohner in dem dicht bebauten innerstädtischen Wohngebiet nur ein eher schwacher Trost sind und dass sie meine Argumentation möglicherweise nicht nachvollziehen können oder wollen. Aber ich bleibe dabei: Parkvorschriften entziehen sich des Zugriffs einer moralischen Auslegbarkeit. Und dass sich eine Stadt die Möglichkeit zum Kassieren nicht entgehen lässt, halte ich weder für angreifbar noch für verwerflich.

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