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Die Mexikaner sind ein komisches Völkchen. Sie haben Vorfahren, die den Göttern Menschenopfer darbrachten und diese Opfer bei Gelegenheit gerne brutzelten und aßen. Sie haben Bundesstaaten, deren Namen man erst ab dem sechsten Glas Tequila richtig aussprechen kann (Aguascalientes, Chihuahua, Guanajuato). Und in einem ihrer Revolutionslieder - La Cucaracha - da besingen sie einen General, der sich angeblich ohne Marihuana nicht auf den Beinen halten kann.

Wir wollen jetzt nicht danach fragen, in welchem Zustand sich das mexikanische Parlament gewöhnlich befindet. Aber Fakt ist: Wer in Mexiko ab April ein Handy kauft, der muss sich künftig die Finger schmutzig machen, um sich nicht die Finger schmutzig zu machen. Das klingt zunächst paradox, aber he: Das ist Mexiko! Ab kommendem Monat nämlich können Sie dort kein Mobiltelefon mehr erstehen, ohne zuvor Ihre Fingerabdrücke abzugeben. Andernfalls verstoßen Sie gegen das Gesetz. Das mexikanische Parlament unternimmt damit den wegweisenden Versuch, den brutalen Kampf unter den zirka 700 Drogenbanden im Land einzudämmen, die ihre Geschäfte überwiegend via Mobilfunk abwickeln. Deshalb haben die Volksvertreter die Telekommunikationsbranche zu ihrem Hand(y)langer gemacht und sie dazu verdonnert, Fingerabdrücke, Name und Adresse sowie die Verbindungsdaten neuer Kunden ein Jahr lang zu speichern und auf richterliche Anordnung hin herauszurücken.

Hierzulande mag man ob solch einschneidender Eingriffe entsetzt die Handys über dem Kopf zusammenschlagen. In Mexiko aber verbrennt sich beim Aufbegehren gegen die staatliche Ordnungsmacht nur die Finger, wer dieselben in die Wunde legt. Das Problem: Wenn Drogendealer ihre Geschäfte via Handy erledigen, dann zumeist mit geklauten Geräten. Und das bedeutet: Letzten Endes ist Otto-Normal-Compadre in Mexiko ab April besser beraten, die Finger vom Kauf eines Mobiltelefons zu lassen. Denn wurde es erst einmal gestohlen, steht wenig später die Drogenpolizei vor der Tür und der Einsatzleiter brüllt "Handy hoch!!!"

Man kann sich ausmalen, wie das alles endet: Dereinst werden sich Vieltelefonierer unter den Mexikanern damit brüsten, wie oft Sondereinsatzkommandos vergeblich ihr Haus stürmten, weil Beamte die unbescholtenen Bewohner für Dealer hielten. Und die Opfer solcher Pannen werden einander so ähnlich begrüßen wie alte Golfspieler:
"Hallo, wie geht's! Bei mir waren sie jetzt schon dreimal - und wie hoch ist Dein Handycap?"

Von Ronny Strobel

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