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Dosenfleisch

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Ich habe Post bekommen. Elektronische Post. Von mir. Was komisch ist. Gewöhnlich schreibe ich mir nicht. Ich schreibe anderen. Und nun landen diese E-Mails auf meinem Rechner. Mehrfach. E-Mails mit meinem Namen als Absender. Ich habe schon überlegt, ob ich vielleicht eine gespaltene Persönlichkeit bin und mir mein zweites Ich Nachrichten zukommen lässt. Aber je länger ich darüber nachdenke: Mein zweites Ich würde mir niemals per E-Mail dubiose Stellenangebote machen. Oder für Pillen werben, die ich hoffentlich erst in ein paar Jahren brauche, sollte das Blut wirklich nicht mehr vom Kopf in den corpus
cavernosum fließen, wenn es mal dringend nötig ist.

Mails wie diese zeigen Wirkung, wenn auch nicht die gewünschte. Sie lassen weder meinen Körper noch Teile davon anschwellen, dafür aber meine Wut. Langsam und beständig. Dass kriminelle Elemente mit meiner E-Mail-Adresse millionenfach Postfächer zustopfen und deshalb die echten, die von mir geschriebenen Nachrichten bei den großen Webbetreibern ausgefiltert werden, ist traurige virtuelle Realität. Mein Name ist zur Spam-Schleuder geworden, zum Lieferanten digitalen Dosenfleischs. Massenhaft unter den Leuten, wie früher der wirkliche Spam - jenes Dosenfleisch, das einst den amerikanischen Markt selbst in kargen Zeiten überschwemmte - wie heute diese verdammten Werbe-Mails.

Wenn man wenigstens mal Reaktionen auf all die Tipps und Offerten bekäme, die unter dem eigenen Namen verbreitet werden ... Aber glauben Sie, ein Empfänger hätte sich mal dafür bedankt, dass aufgrund der angepriesenen Produkte

1.) wieder Haare auf seinem Kopf wachsen,

2.) sein Aktiendepot um 2000 Prozent gestiegen ist und er

3.) nach dem preisgünstigen Genitaleingriff in der Walachei keine Vergleiche mit einem Zuchthengst scheuen muss?

Nein, nichts davon ist passiert! Und bei all dem haben wir noch nicht einmal über die Umweltauswirkungen des unsäglichen Massen-Postversands gesprochen. Laut einer Studie von ICF International sind im vergangenen Jahr weltweit 62 Billionen Spam-Mails verschickt worden, wodurch 33 Milliarden Kilowattstunden Strom verbraucht wurden. Das heißt: Spam-Versender verursachen jährlich genau so viel klimaschädliche Treibhausgase wie 3,1 Millionen Autos.

Man möchte solchen Leuten am liebsten - Entschuldigung - die Fresse polieren. Oder wenigstens das Maul stopfen. Mit Dosenfleisch. Und zwar ganz viel davon. Es muss ja nicht gleich jeder so enden wie der Russe Vardan Vardanovich Kushnir. Das war mal ein ganz schlimmer Finger in der Szene. Bis zum 24. Juli 2005. Dann fand man ihn in seiner Wohnung - erschlagen.


Von Ronny Strobel

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