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Computer-Kombüse

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In den eigenen vier Wänden galt bisher eine eherne Regel: Wer in der Küche ist, ist weg vom Windows. Die Benutzeroberfläche dort war kein digitaler Desktop, sondern eine hölzerne Arbeitsplatte. Und wenn etwas brannte, dann vielleicht das Dessert beim Flambieren, nicht aber der Silberling im DVD-Schacht.

Puristen unter den Kochkünstlern könnte es deshalb zu denken geben, dass Windows-Rechner nun Einzug in deutsche Küchen halten. Ein Hersteller aus dem Westfälischen hat sich angeschickt, eine High-Tech-Kombüse auf den Markt zu bringen - laut Eigenwerbung "konzipiert für anspruchsvolle und technikbegeisterte Kunden, die ihre Küche als Lebensmittelpunkt gestalten und dort auf nichts verzichten wollen."

Und das funktioniert so: In der neuen Superküche ist ein Computer integriert, an den sich nicht nur Geräte wie iPod und Co. anschließen lassen, sondern über den man sich via berührungsempfindlichem Bildschirm auch Zugang zur eigenen Bilder- und Rezeptsammlung verschafft, zu seinen Lieblings-Radiostationen, Videos, E-Mails und aktuellen Nachrichten. Selbst zu Wetterdaten vor der Haustür, was natürlich totaler Quatsch ist, weil in einer Küche ganz andere Informationen relevant sind. Zum Beispiel Meldungen wie: "Dichter Nebel über dem dritten Kochfeld". Oder: "Moët-Flasche unter Hochdruckeinfluss." Oder: "Heftiges Tauwetter im unteren Kühlfach." All das bleibt die Küche leider schuldig.

Sei's drum. Immerhin können die Designer sich damit brüsten, die erste Küche auszuliefern, in der eine Maus zur Standardausrüstung gehört, die keine Cracker anknabbert. Vielmehr lassen sich mit ihr und einer Funktastatur diverse Funktionen steuern. Vorausgesetzt, man versteht das Konzept. Auf der Webseite für die Produktneuheit lässt der Hersteller potenzielle Interessenten jedenfalls ins offene Messer laufen. Wer weiß schon, was "plattformbasiertes Modul- und Serviceframework" ist. Oder "Single Line Icon-Design". Steckt dahinter eine neue Form von Küchenlatein? Oder ist das einfach nur Grütze?

Fakt ist: Das gute Stück kostet eine Stange Geld. Man verkaufe schließlich keine Küchen, sondern Träume, behauptet der Hersteller. Und in diesen Traum investiert Mutti offenbar gern, wenn sie angesichts der vielen Technik den Vati auch abseits vom Schlafzimmer zum Kochen bringt. Eigentlich müsste Bundesfamiliendingsbums Ursula von der Leyen so eine Anschaffung mit einer Herdprämie belohnen - für Männer. Wenn sich dann auch noch der Nachwuchs in der neuen Küche blicken lässt, statt den ganzen Tag im Internet zu surfen, wäre das fast eine moderne Form der Familienzusammenführung. Denn bevor so ein Kind in der Abgeschiedenheit des stillen Kämmerleins sein eigenes Süppchen kocht, kann es sich ruhig mal in der Computer-Kombüse zum Löffel machen. Zum Beispiel dann, wenn ihm aufgetragen wird, das Rezept für kalten Hund zu suchen - und es bei Google "Chinesische Küche" eintippt.

Von Ronny Strobel

www.siematic.de

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