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Ein Skandal, wenig Geld und viele Lieder
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Der wahre Grund dafür, dass der Skandal bei der Fifa wegen des Verdachts der Korruption gerade jetzt ans Tageslicht gekommen ist, ist nicht die Wiederwahl von Joseph Blatter an die Spitze des Weltfußballverbandes oder dessen Kongress in diesen Tagen in Zürich. Verantwortlich für diesen Zeitpunkt ist nämlich etwas ganz anderes, wie mir ein Leser heute mit Nachdruck zu verstehen gab: "Das passt doch wunderbar ins Konzept der weltweiten Bestrebungen, Russland zunehmen in ein schlechtes Licht zu rücken und innerhalb der Staatgemeinschaft weiter zu isolieren", meinte der Mann und betonte weiter: "Es geht doch nur darum, Russland die Ausrichtung der nächsten Weltmeisterschaft wieder zu entziehen, damit man sich nicht die Blöße geben muss, mit dem Feind zu Kuscheln, wenn dann in drei Jahren dort Fußball gespielt wird." Was sonst noch in dieser Woche in meinen Randnotizen zu finden war:
Episode 1: Im Gegensatz zu der Welle an Verwünschung homophoner Zeitgenossen, die vor anderthalb Jahren nach dem Coming-Out des Ex-Fußballprofis Thomas Hitzlsperger über mich hinweg geschwappt war, ist es diesmal eher ruhig, nachdem die Diskussion über die völlige Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Paaren als Folg der großen Zustimmung beim Referendum in Irland wieder in Gang gekommen ist. Von allen den Meinungsäußerungen, die ich unter der Rubrik "NW" (nur wundern) abgelegt habe, möchte ich diese nicht für mich behalten. Ein Leser meinte: Warum beim Heiraten die Beschränkung auf Mann/ Mann, Frau/Frau oder Mann/Frau? Weil in Irland die Homo-Ehe erlaubt ist, soll nun Deutschland endlich nachziehen? In vielen muslimischen Staaten kann ein Mann mehrere Frauen heiraten. Auch schon Minderjährige. Warum sollen wir da nicht nachziehen? Der Islam gehört schließlich zu Deutschland. Und was Muslimen dann Recht ist, sollte allen anderen doch billig sein. Also Vielehe für alle. Letztlich kann dann jeder jeden heiraten. Gestern las ich von einem Philosophen in der FP, der Tieren Persönlichkeitsrechte zugestehen wollte. Warum also nicht den Menschenaffen im Zoo heiraten? Oder den eigenen Hund? Da wird doch perfekt Verantwortung füreinander gelebt. Wenn schon Grenzen einreißen, dann aber richtig."
Episode 2: Seit dem Beginn des Streiks der Erzieherinnen und Erzieher in kommunalen Kindereinrichtungen haben mich insgesamt sechs Leser angerufen, um bei mir ihren Ärger darüber abladen zu können. Besonders bemerkenswert daran ist, dass die Anrufer ausnahmslos nicht wegen der Folgen für die Eltern, die ein Problem mit der Organisation der Betreuung ihrer Kleinen bekommen, bei mir angerufen hatten. Allen ging es allein um die zehn Prozent mehr Lohn, die die Gewerkschaften mit diesem Arbeitskampf durchsetzen wollen. Der gemeinsame Tenor der Meinungen lässt sich leicht auf einen gemeinsam Nenner bringen, den eine Anruferin stellvertretend formulieren darf. "Das ist viel zu viel, die spinnen wohl, die haben doch schon Gehälter, von denen unsereins nur träumen kann." Weil ich weiß, dass man mit solchen Leuten nur schwer darüber diskutieren kann, dass ihr eigenes Einkommen und das Gehalt der Erzieherinnen nun mal überhaupt nichts miteinander zu tun haben und zwei völlig verschiedene Paar Schuhe sind, habe ich mich bei den Einwänden eher immer etwas zurückgehalten und nur vorsichtigen Widerspruch formuliert. Nur in einem Fall ging das nicht, da habe ich dem schimpfenden Mann in der Leitung deutlich gesagt, was ich von seiner Einstellung halte. Er sagte: "Ich habe eine Rente von weniger als 1000 Euro im Monat und muss mich, wenn überhaupt, bei den Erhöhungen mit wenigen Prozent zufrieden geben." In vollem Bewusstsein dessen, dass mir klar war, was ich damit beim Anrufer auslösen würde, habe ich in diesem Fall einfach mal ausgesprochen, was ich wirklich denke: "Eigentlich sind Sie doch, wenn Sie ehrlich sind, nur neidisch, weil die Erzieherinnen so viel mehr Geld haben als Sie, oder?" Den sich anschließenden Wortwechsel möchte ich nicht wiedergeben, ihn als Streitgespräch zu bezeichnen käme einer euphemistischen Formulierung gleich.
Episode 3:
"Ich habe mir den Euro-Wettbewerb im Fernsehen angeschaut?"
"Was haben Sie gesehen?"
"Na, dieses Schlagerfestival, bei dem im letzten Jahre die Wurst gewonnen hat."
"Ach so, jetzt verstehe ich, Sie meinen den Eurovision Song Contest."
"Wie bitte?"
"Früher hießt das Spektakel mal Grand Prix Eurovision de la Chanson, aber das war ja noch schwerer auszusprechen. Also, was kann ich für Sie tun?
"Ich möchte mich beschweren."
"Worüber?"
"Die haben fast alle nur auf Englisch gesungen, das ist doch nicht in Ordnung."
"Stimmt, jetzt wo Sie es sagen, fällt mir ein, dass die Teilnehmer früher mal zwingend in ihrer eigenen Landessprache singen mussten, das war wirklich originell, vor allem bei den Dänen und Finnen habe ich, als ich noch Kind war, immer lachen müssen, das klang so sympathisch süß, diese Wörter von Liebe und Sehnsucht. Soll ich ihn mal verraten, was 'ich liebe Dich' auf Holländisch heißt? Mit Japanisch kann ich übrigens auch dienen oder mit ..."
"Ich würde jetzt mal meine Beschwerde loswerden wollen."
"Sorry, tut mir leid, natürlich, worum geht es Ihnen?"
"Ich kann kein Englisch."
"Das ist aber schade, dann haben wohl nicht viel verstanden, oder?"
"Ganz genau, besonders geärgert hat es mich bei Polina Gagarina, denn ..."
"War das der russische Beitrag?"
"Meine ich doch, wenn sie wenigsten in ihrer Landessprache gesungen hätte, wäre mir der Inhalt des Lieds nicht verborgen geblieben."
"Also, was schlagen Sie vor, alle müssen wieder in ihrer Sprache singen?"
"Nein, das hat auch keinen Sinn, dann verstehe ich ja genauso wenig."
"Was denn?"
"Ganz einfach: Mit deutschen Untertiteln."
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