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Doch die Sehnsucht danach bleibt
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Kürzlich klagte eine gute Freundin mir ihr Leid, sie war sichtlich ergriffen von der Tatsache, mit der sie sich abzufinden hatte: "Seit mehr als 20 Jahren verwende ich den gleichen Duft, irgendwie ist er tatsächlich zu einem Teil meines Selbstverständnisses geworden", erklärte sie, bevor sie mir das Problem schilderte: Der Hersteller habe die Produktion dieses Parfüms eingestellt, die Marke für dieses Eau de Toilette laufe aus und werde auch nicht wieder aufgelegt. Leider habe sie das erst erfahren, als sie in der Parfümerie ihres Vertrauens ein neuen Flakon kaufen wollte und die Inhaberin sie darüber informiert hatte; in dem Geschäft war es schon zu spät, woraufhin sie alle ihr bekannten Parfümerien in der Gegend besucht und sogar bei zwei noch Erfolg hatte; zusammen mit den Flakons, die sie noch im Internet gefunden hatte, reicht ihr Duft jetzt noch für maximal zweieinhalb bis drei Jahre. "Und was mache ich dann?", fragte sie mich, wohl wissend, dass ich darauf keine Antwort wusste. Meine Freundin tat mir leid, ganz ehrlich.
Denn ich kann mich gut in ihre Lage versetzen, weil ich erst vor einigen Wochen in einer ähnlichen Situation war. Bei mir ging es um ein gewisses Ritual, auf das ich nicht verzichten wollte, aber schließlich keine andere Wahl hatte, als mich damit abzufinden. Seit vielen Jahren schon habe ich auch an Sonntagen nicht darauf verzichten wollen, mich morgens mit einer großen Tasse Tee in meinen Lieblingssessel zu setzen und Zeitung zu lesen. Deshalb bin ich immer mit dem Fahrrad zur nächsten Tankstelle gefahren und habe mir eine der drei großen überregionalen Sonntagszeitungen gekauft. Bis ich dann unlängst vor einem leeren Regal stand und von der Mitarbeiterin der hinter der Kasse erfahren habe: Die Sonntagszeitungen werden nicht mehr ausgeliefert, die Vertriebsfirma habe dies angesichts der hohen Kosten eingestellt, nur noch der Chemnitzer Hauptbahnhof sei die eine Anlaufstelle, wenn man sich eine Sonntagszeitung kaufen möchte. Seit diesem Tag sitzen ich jeden Sonntag da, rühre meinen Tee (mit Sahne) um und denke: Mir fehlt was, aber so was von ...
Nun habe ich lange genug um den heißen Brei herumgeredet, denn eigentlich wollte ich nur von dem einen Gespräch mit einer Leserin berichten, die mich angerufen hatte, weil auch sie leidet und nicht weiß, wohin sie sich noch wenden kann in ihrer Not. Und ich gebe gern zu: Anfangs habe ich geschmunzelt angesichts dieses Problems, dass die Frau hat, weil meine innere Stimme mir sagen wollte, dass es schlimmere Dinge gibt, die einem Menschen passieren können, als dieses Dilemma, mit dem sich die Anruferin auseinandersetzen muss. Ich gestehe jedem zu, dieses Problem auch weiterhin nicht ernstnehmen zu können oder zu wollen, aber ich würde trotzdem den Hinweis geben wollen, sich dieser Frage nicht von vornherein zu verschließen: Gibt es bei mir auch Dinge, auf die ich nicht verzichten möchte, obwohl sie eigentlich und objektiv betrachtet keine große Sache sind und man sich deshalb nicht so anstellen sollte? Die Leserin muss mit dieser Gewissheit leben:
"Seit Jahren kaufe ich im Supermarkt die gleichen Pralinen, es sind gefüllte, aber ohne Alkohol. Mein Mann und ich freuen uns jeden Samstag darauf, abends vor dem Fernseher zu sitzen und uns diese süße Gaumenfreude zu können. Und nun hat der Supermarkt diese Sorte aus dem Sortiment genommen, sie kommen auch nicht wieder rein, ich habe gefragt und auch schon bei der Firmenzentrale angerufen. Und kein anderer Supermarkt, der für mich erreichbar ist, hat diese Pralinen im Angebot. Ich kann mich einfach nicht damit abfinden, dass es das jetzt gewesen sein soll, nie wieder ein Samstagabend mit dieser leckeren Nascherei."
Warum die Frau bei mir angerufen hat? Ganz einfach: "Wenn die Zeitung anruft und nachhakt, vielleicht überlegen sie es sich dann noch einmal und holen die Pralinen zurück ins Sortiment."
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