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So viel Courage sollte man haben
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Die hochschwangere Frau stand auf den Stufen vor dem Eingang des Hauptbahnhofs und zog an ihrer Zigarette, inhalierte den Rauch tief, um ihn dann langsam durch Nase und Mund wieder entweichen zu lassen. Für einen kurzen Moment blieb ich stehen und schaute in ihre Richtung, während ich eine Entscheidung zu treffen hatte. Nein, ich bin nicht zu ihr gegangen und habe ihr gesagt, wie unverantwortlich und rücksichtslos gegenüber ihrem ungeborenen Kind ich das Rauchen finde. Gedacht habe ich noch, dass es mir nicht zusteht, sie zurechtzuweisen, weil sie alt genug ist, um zu wissen, was sie mit der Zigarette anrichten kann. Als ich einigen Minuten später im Bus saß, kam mir dieser Gedanke: Vielleicht hätte ich doch etwas sagen sollen, obwohl ich mir sicher bin, dass ich damit nicht erreicht hätte, dass diese Frau über ihre Einstellung nachdenkt und künftig den Griff zur Zigarette unterlässt. Vielleicht hätte ich mich besser gefühlt, vielleicht hätte ich mir aber auch anhören müssen, was sie über mich denkt, weil ich mich in ihrer Angelegenheiten eingemischt habe. Das war vor etwa zwei Wochen, gestern und heute aber habe ich mehrmals an diese Begebenheit denken müssen.
"Dieser Bericht hat mich genauso traurig wie wütend gemacht", sagte eine Leserin und nannte mir mit "10.000 Babys alkoholisiert" die Überschrift des Artikels gestern auf der Seite "Aus aller Welt". In dem Bericht ging es darum, dass jedes Jahr rund 2000 Kinder mit massiven Behinderungen zur Welt kommen, weil ihre Mütter während der Schwangerschaft Alkohol getrunken haben, und dass jeder fünfte Bürger es nicht schlimm findet, wenn schwangere Frauen kleine Mengen Alkohol trinken. Die Anruferin wollte mit mir darüber reden, was man dagegen machen kann, damit diese erschreckende Zahl künftig deutlich kleiner wird. Wir haben uns dann darüber unterhalten, dass Aufklärung über die Gefahren von Alkohol während der Schwangerschaft sicher der sinnvollste Weg ist, wobei ich sie auch auf den Artikel "Ministerin fordert Schwangere zum Alkoholverzicht auf" hingewiesen habe. Einig waren wir uns in dem Punkt, dass ein gesetzlich verankertes Verbot zum einen wohl nur schwer durchzusetzen sei, weil es die Persönlichkeitsrechte der Frauen enorm einschränken würde, während es zum anderen auch nicht sinnvoll sei, weil es gar nicht kontrolliert werden kann, was Frauen während der Schwangerschaft trinken. Ein andere Leserin sah das jedoch ganz anders: "Wenn die Behinderung des Kindes eindeutig auf den Alkoholgenuss der Mutter während der Schwangerschaft zurückzuführen ist, muss die Frau dafür zur Verantwortung gezogen werden", meinte die Frau in der Leitung und forderte gleichzeitig "nicht zu geringe Strafen" für die Mütter.
Über diese beiden Gespräch habe ich hier berichtet zum einen mit der Gewissheit, dass man stundenlang über dieses Problem diskutieren könnte, ohne ein echte und wirklich befriedigende Lösung zu finden. Zum anderen möchte ich nicht leugnen, dass ich mir nach dem Artikel gestern und den beiden Anrufen diese Frage gestellt habe: Hätte ich zu der hochschwangeren Frau etwas gesagt, wenn sie statt der Zigarette eine Wodkaflasche angesetzt und eine tiefen Schluck genommen hätte? Zu dieser Antwort stehe ich: Ja, ich wäre zu ihr gegangen, und es wäre mir egal gewesen, wie sie darauf reagiert hätte. Nur eines verwirrt mich etwas: Warum mache ich einen Unterschied zwischen Zigarette und Schnapsflasche? Eine Antwort darauf weiß ich nicht, weshalb ich mich entschieden habe: Beim nächsten Mal werde ich auch einer hochschwangeren Frau mit der Zigarette im Mund sagen, was ich davon halte, dass sie ihrem ungeborenen Kind dieser Gefahr aussetzt; so viel Courage sollte ich aufbringen können.
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