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Über die DDR und zu wenig Schokolade
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Um eine weise Erkenntnis zu einem aktuellen Thema, das Alltagsleben in der DDR, einen sprachlosen Leserobmann, die Bundeskanzlerin und ein an Dreistigkeit kaum zu überbietender Schokoladenbetrug geht es heute in meinen Randnotizen aus den Protokollen der Gespräche mit Lesern zwischen zehn und zwölf.
Episode 1: Das "Wort zum Tage" stammt heute von einer Leserin, die mir ihre ablehnende Haltung gegenüber dem TTIP-Abkommen mitgeteilt ("nur die großen Konzerne profitieren davon" und "schwächere Wirtschaftspartner sind praktisch chancenlos") und sich dabei entschieden hatte, dass mit Erich Fried einer der bedeutendsten deutschsprachigen Lyriker es am besten auf den Punktgebracht hat, denn aus seiner Feder stammt dieser Satz: "Wer will, dass die Welt so bleibt, wie sie ist, der will nicht, dass sie bleibt."
Episode 2: Da ich mich entschieden hatte, wenn Leser sich bei mir melden und über die Lebensumstände in der DDR im Vergleich zu den heutigen reden wollen, eine Diskussion darüber erst dann zu führen, wenn ich mir ganz sicher bin, dass dies auch wirklich die Absicht der Anrufer ist, hat diese Unterhaltung nicht einmal eine Minute gedauert, weshalb ich sie nahezu komplett wiedergeben kann. "Ich möchte mit Ihnen über einen Artikel sprechen", sagte der Mann in der Leitung und ergänzte diesen Hinweis mit dem Zitat einer Nachricht auf der Seite Wirtschaft: "Die Deutsche Post will Anfang kommenden Jahres Paketkästen für große Wohneinheiten auf den Markt bringen." Seinen Unmut konnte ich sogar nachvollziehen, denn er erklärte mir: "Da tut man mal wieder so, als würde man etwas bahnbrechend Neues erfinden, dabei hatte wir das doch schon in der DDR, denn damals gab es schon Paketstationen und zentral gestellte Briefkästen, so dass der Austräger noch schneller zustellen konnte." Seinen letzten Satz möchte ich auch zitieren: "Manchmal kann man nur noch den Kopf schütteln."
Episode 3: Dass mich Meinungen von Lesern wegen ihres Inhalt sprachlos machen, kommt höchst selten vor, doch dieser Mann hat es geschafft, dass ich mich entschieden habe, zum Wohle meines Gemütszustandes lieber zu schweigen. Dies hat er mir mitgeteilt, es geht um die Flüchtlingsdebatte und die Frage, was man jetzt tun sollte: "Man muss mit militärischer Macht Frieden in den Unruhe-Ländern schaffen, wozu sonst haben wir eine starke Armee und Waffen und Soldaten, die doch nicht nur für Manöver da sind." Nach der Befreiung der Länder könne man die Flüchtlinge dann zurückschicken, damit sie ihr Land wiederaufbauen können. Mein Chef möge es mir verzeihen, ich habe mir anschließend bei Youtube das Lied "Nein, meine Söhne geb ich nicht" von Reinhard Mey angehört, um mich zu beruhigen.
Episode 4: Das kommt hier in meinem Blog auch nicht so oft vor, nun aber soll es mal wieder sein, denn ich zitiere mich selbst, wenn ich verrate, dass ich diese Mail heute an einen Leser verschickt habe: "Lieber Herr (...), ich würde mich sehr freuen, wenn Sie in Zukunft beim Schreiben von Leserbriefen, in denen es um bundespolitische Themen geht, auf Synonyme 'Bundesmutti' für die Kanzlerin und 'Erzengel' für den Wirtschaftsminister verzichten würden."
Episode 5: "Ich habe eine Tafel Schokolade in der Hand", sagte die Frau in der Leitung und meinte weiter: "Ich habe sie von gesamten Verpackung befreit und auf meine Briefwaage gelegt. Wollen Sie wissen, was dabei herausgekommen ist?" Ich wollte und erfuhr: "97 Gramm." Es hat dann ein paar Minuten gedauert, bis ich mithilfe der Suchmaschine herausgefunden hatte, an wen die Anruferin sich wenden kann, weil sie sich nun beschweren möchte, nachdem sie den Artikel "Kontrolleure: Betrug bei Lebensmitteln nimmt zu" in der Zeitung gelesen hatte. Nach dieser Unterhaltung habe ich diese eine bewusste Schublade neben meinem Schreibtisch aufgezogen und musste feststellen: Vier verschiedene Sorten, alle dunkel und bitter, aber keine mehr ganz, weshalb ich resigniert feststellen musste: Selbst überprüfen kann ich den Hinweis des Lesers nicht.
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