Regionale Nachrichten und News mit der Pressekarte
Sie haben kein
gültiges Abo.
Regionale Nachrichten und News
Schließen

Sorry, von Normalität keine Spur

Schon gehört?
Sie können sich Ihre Nachrichten jetzt auch vorlesen lassen. Klicken Sie dazu einfach auf das Play-Symbol in einem beliebigen Artikel oder fügen Sie den Beitrag über das Plus-Symbol Ihrer persönlichen Wiedergabeliste hinzu und hören Sie ihn später an.
Artikel anhören:

In den vergangenen Tagen habe ich mich öfter bei dem Gedanken erwischt, dass ich mich danach sehne, wieder so etwas wie Normalität bei meinen Gesprächen mit Lesern zwischen zehn und zwölf haben zu wollen. Darauf werde ich wohl noch eine Weile warten müssen und die Tatsache akzeptieren, dass die Anrufer überwiegend mit einem - man verzeihe mir den Euphemismus - ausgeprägten emotionalem Engagement in der Stimme mich von der Richtigkeit ihrer Haltung überzeugen wollen. Trotzdem habe ich meinen Protokollen diese Randnotizen gefunden und möchte sie zum Wochenausklang nicht für mich behalten:

Episode 1: Dies Gespräch hat mich tief berührt, ich habe es gestern am Telefon geführt, es hat aber nicht einmal eine Minute gedauert. Die Frau in der Leitung hatte meine Nummer gewählt, weil sie mit mir über meine Kolumne "Helfen Sie mir bitte!" auf der Seite Leserforum reden wollte. Das hatte sie mir noch sagen können, nachdem Sie sich vorgestellt hatte, dann versagte ihre Stimme, ich hörte nur ein Schluchzen, dann noch diesen eine Satz, bevor sie auflegte: "Ich kann nicht darüber reden, ich weiß nur eins: Ich muss jetzt doch in die Schweiz fahren."

Episode 2: Begründungen, warum die Menschen in Deutschland zurzeit besonders unzufrieden sind und deswegen zu Tausenden auf die Straße gehen, habe ich in den vergangenen Wochen viele gehört und noch viel mehr gelesen. Eine Ausnahme von meiner Regel, in meinem Blog davon nicht zu berichten, weil sie entweder als Leserbrief veröffentlicht werden können oder dafür aus in den unterschiedlichsten Gründen eben gerade nicht infrage kommen, mache jetzt, weil dieser Leser mir einen aus der Ostsee-Zeitung ausgeschnittenen und kopierten Artikel in der Anlage mitgeschickt hatte. Die Überschrift lautet "Schlagerfans zeigen NDR-Chefs an" und der erste Satz begann mit den Worten "Neue Runde im Streit um mehr deutschsprachige Musik beim NDR ..." Damit keine Zweifel aufkommen, worum es in dem Schreiben ging, darf ich noch den letzten Satz des Lesers zitieren: "Hundert Prozent deutsche Schlager gibt es bei Radio Paloma."

Episode 3: Gleich noch eine Ausnahme, denn anonyme Mails, deren Absender auch nach einer freundlichen Aufforderung dazu ihren Namen für sich behalten wollen, haben normalerweise keine Chance, von mir mehr als nur zur Kenntnis genommen zu werden. Doch diese Zuschrift spricht mir so sehr aus dem Herzen, dass ich gar nicht anders kann, als sie hier vollständig widerzugeben: "Jetzt wird wieder überall Laub zusammengepustet und mit riesigen Staubsaugern eingesammelt. Schade eigentlich. Nicht nur, dass der dabei entstehende Lärm nervig ist. Sieht denn niemand, mit welcher Freude unsere Kinder darin rumtollen Kostenloses Spielzeug, das durch den Ordnungs- und Sauberkeitswahn der Deutschen zerstört wird."

Episode 4: Besonders beliebt bei Lesern, vor allem wenn sie mir ihre Meinung schriftlich mitteilen, sind Ironie und Sarkasmus, wenn es darum geht, dem Brief eine besondere Note zu verleihen in der Hoffnung, damit die Chancen für eine Veröffentlichung auf der Seite Leserforum zu erhöhen. Dieses Beispiel von heute mag verdeutlichen, was ich damit meine: "Ich sitze im Konzertsaal. Der Dirigent steht am Pult und wackelt mit dem Stab. Eine Trompete quäkt quer, während der Schlagzeuger das Becken malträtiert. Der Bass ist noch in der Garderobe. Die Erste Violine klingt wie eine Trichtergeige, nur lauter. Der Rest des Orchesters schrummelt irgendwie vor sich hin. Aus den hinteren Reihen tröten schräge Töne. Die Ohren schmerzen. Ich warte darauf, dass es endlich losgeht. Doch dann senkt der Dirigent den Stab, das war's." Berichte von Konzertbesuchern, die zu einer ganz anderen Bewertung einer Aufführung kommen als der Rezensent in der Zeitung erreichen mich so durchschnittlich einmal in de Woche; doch darum ging  es diesem Leser nicht, den Betreff seiner Nachricht möchte ich nicht verschweigen: "Kakophonie, so klingt unsere Bundesregierung gerade, auf zur nächsten Wahl."

Weitere Blog-Einträge

Icon zum AppStore
Sie lesen gerade auf die zweitbeste Art!
  • Mehr Lesekomfort auch für unterwegs
  • E-Paper und News in einer App
  • Push-Nachrichten über den Tag hinweg
Nein Danke. Weiter in dieser Ansicht.