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Wieder da: Von Nudeln und Vögeln

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Zwei Gründe gab es dafür, dass ich meinen Blog seit Mitte November vergangenen Jahres habe ruhen lassen. Der ersten kann ich lediglich nennen, denn es ist ein innerbetrieblicher: Das Spektrum meiner Aufgaben in der Firma ist in den Vormonaten so groß geworden, dass ich nur noch selten dazu gekommen bin, mir diese eine, mir seit Jahren immer wichtiger gewordene "Mußestunde" in der Mittagszeit zum Schreiben meines Blogeintrags nicht mehr vergönnt war und ich nicht mal nur so eben zwischen durch zur Feder greifen beziehungsweise in die Tasten klappern wollte; dieses Problem habe ich mittlerweile lösen können. Der zweite Grund ist im Gegensatz dazu eine vor allem öffentlicher: Bei meinen Gesprächen mit Lesern am Telefon zwischen zehn und zwölf ging es fast ausschließlich nur noch um Meinungen zu Berichten und Kommentare in Zusammenhang mit Flüchtlings- und Asyldebatte in Deutschland. Betonen muss ich dabei vermutlich nicht: Nahezu ausnahmslos waren die Anrufer der Ansicht, dass unsere Gesellschaft und damit die Bürger unseres Landes kurz vor dem Abgrund stehen, wenn nicht bald etwas passiert und die Politik eine Kehrtwende hinlegt, damit die Menschen wieder ohne Sorge und Angst vor der Zukunft leben können. Diese Haltung an sich habe ich immer respektiert, von den mir genannten Gründen aber hätte ich keinen einzigen hier in meinem Blog wiedergeben wollen.

Für mein Umdenken und damit für diese "Wiederbelebung" hat ein einziger Leser gesorgt, nachdem er meine Kolumne "Für Helene" auf der Seite Leserforum vom 13. Januar gelesen hatte und meinte: "Hier haben Sie mit Ihrer Kolumne soweit neben den Dingen gestanden, dass man nur den Kopf schütteln kann.  Hier hätte man von jetzt auf gleich zum Thema reagieren müssen, dass viele kaum mehr ruhig schlafen lässt." An dieser Stelle in seinem mehrere Seiten langen Papier mit ausführlichen Stellungnahmen zur "Freien Presse" insgesamt und speziell zu meiner Arbeit als Leserobmann brachte er sein Unverständnis darüber zum Ausdruck, dass mein "offener" Brief an den Popstar direkt neben den Leserbriefen mit Meinung zu den Folgen der schrecklichen Ereignisse in der Silvesternacht in Köln zu lesen war. Humor sei völlig fehl am Platze, interpretierte ich seine Kritik, ließ diese ein paar Tage wirken und traf dann diese Entscheidung: Jetzt erst recht, folgende Gespräch mit Lesern hätte sich sonst für mich behalten müssen:

Episode 1: "Sie haben da einen Fehler in der Zeitung", meinte der Anrufer und nannte mir auf Nachfrage mit "Vorfreude aufs erste Schneewochenende" die Überschrift des Artikels, bevor er mich aufklärte: "Da steht, dass in unserem Ort die Schneehöre bei 35 Zentimetern liegt, es sind aber nur maximal 20 Zentimeter." Wie er diese Differenz festgestellt habe, wollte ich wissen, ich hätte es mir eigentlich denken können: "Junger Mann, ich war gerade draußen im Garten, habe nachgemessen und stehe jetzt mit dem Lineal in der Hand im Wohnzimmer, während ich mit Ihnen telefoniere."

Episode 2: Vor Aufregung fand eine andere Leserin zu nächst kaum Worte, sagte nur Satzteile wie "noch nie erlebt", "kaum zu glauben" oder "verkehrte Welt" und holte dann noch einmal tief Luft, bevor ich den Grund für ihren Anruf hörte: "Ich sitze am Küchenfenster, schaue in den Garten und sehe, wie sich hunderte schwarzer Vögel auf dem Pflaumenbaum niedergelassen haben. Verstehen Sie was ich meine?" Den weiteren Inhalt der Unterhaltung fasse ich zusammen: Die Frau sah die vielen Vögel und stellte sich die Frage, warum im tiefsten Winter bei frostigen Minusgraden und eiskaltem Wind sich die Tiere gerade vor ihrem Fenster versammelt hatten und ob das nicht ganz außergewöhnlich sei, weil doch die meisten Vögel für gewöhnlich in den warmen Süden zur Überwinterung fliegen würden. Ob ich eine Antwort hätte, wollte sie wissen, sie habe gerade heute meinen Kopf in der Zeitung gesehen. Auf die Frage, nachdem ich die Möglichkeit einer Weiterleitung des Themas an die für Vögel zuständigen Kollegen in der Redaktion in Aussicht gestellt hatte, um welche gefiederten Freund es sich handelt, bekam ich dies zu hören: "Kein Ahnung, sie sind auf jeden Fall schwarz, die Stärke meiner Brille reicht schon lange nicht mehr aus für diese Entfernung."

Episode 3: "Die Ehe meines Sohnes geht gerade in die Brüche, seine Frau ist beruflich ständig unterwegs, immer wieder auf irgendwelchen Lehrgängen, und dabei hat sie ihn schon mehrfach betrogen, was durch dumme Zufälle jetzt bereits zum dritten Mal rausgekommen ist", teilte mir eine Leserin mit und brauchte weitere drei Minuten für ihre Ausführungen zum Thema "Treue in der Ehe", gegenseitiges Vertrauen in Beziehungen und den Untergang von traditionellen Werten in unserer Gesellschaft. Die erste Möglichkeit überhaupt, mich während des Redeschwalls bemerkbar zu machen, nutzte ich und wollte wissen: "Würden Sie mir bitte erklären, warum sie bei mir angerufen haben beziehungsweise was ich für sie tun kann?" Diese Erklärung bekam ich: "Ich habe heute auf Ihrer ersten Seite gelesen, dass Sachsen die meisten Chefinnen hat, und dann habe ich mich fürchterlich darüber geärgert, dass es auch die Kehrseite gibt, wenn Frauen nur daran denken, beruflich weiterzukommen. Mein Sohn müssten sie mal fragen, was er davon hält, nachdem er jetzt vor der Scheidung steht."

Episode 4: Die Überschrift einer Mail mit einer Meinung zur politischen Linie der Bundesregierung in der Flüchtlingsfrage und speziell zur Haltung von Angela Merkel lautete: "Endlich Schluss mit der Pasta-Politik." Während ich die Zeilen las und schnell merkte, dass es dem Verfasser um ein Zitat von Gerhard Schröder ging, als er diesen Titel für seinen Leserbrief wählte, kam ein Kollege in meine Büro und meinte, nachdem ich ihm den Ausdruck der Mail zeigte: "Leite es doch an Vapiano weiter, die kennen sich besser damit aus."

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