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Sorry, das macht mich nur sprachlos
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Es kommt nicht oft vor, aber manchmal eben doch, und dann vergeht mir nicht nur das Lachen während meiner "Sprechstunde" zwischen zehn und zwölf, sondern ich fühle mich auch besonders hilflos angesichts dessen, was ich da gerade gehört habe. Selbst für ein Gefühl von Wut ist die Ungeheuerlichkeit des Gehörten zu groß, weshalb ich mich dann immer mit der Unfassbarkeit abfinde; heute mache ich eine Ausnahme und berichte in meinen Randnotizen zum Wochenausklang von einem solchen Thema.
Episode 1: Wenn ich von Leuten mit der vermeintlichen Tatsache konfrontiert werde, dass es das in der DDR nicht gegeben hätte oder dass bis 1989 dieser Missstand keine Rolle gespielt habe, weil das System einfach besser funktioniert habe und Mechanismen eine Rolle gespielt hätten, die dann nach der Wende alle keine Rolle mehr gespielt haben, weil die neue Gesellschaft darauf keinen Wert mehr legen wollte, schweige ich für gewöhnlich. Denn ich kenne die DDR nur aus Berichten und Erzählungen und will mich deshalb gar nicht erst der Gefahr aussetzen, dass man mir draus einen Strick dreht. Bei diesem Leser habe ich eine der wenige Ausnahmen gemacht, denn er hatte mich angerufen, nachdem er am Montag in der Zeitung den Bericht "In zehn Jahren 180 Millionen Euro für die Bildung von Analphabeten" gelesen und darin erfahren hatte, dass in Sachsen rund 200.000 Betroffene gebe, die große Problem mit Lesen und Schreiben haben: "Das gab es in der DDR in dem Ausmaß nicht", meinte er und fügte hinzu: "Bereits in der Grundschule wurde gegengesteuert, es wurden Anschubprogramme gestartet und die Schüler bekamen eine gezielte Förderung, die strikt und ohne Ausnahme umgesetzt wurde." Einen Moment lang habe ich gezögert, dann aber habe ich doch gesagt, was ich dachte: "Das glaube ich nicht, dass es dieses Problem in der DDR weniger gab. Denn diese Leute haben unabhängig von dem Bildungssystem dieses Problem; es ist ein menschliches, weshalb es nur darauf ankommt, wie man die Betroffenen dazu bewegen kann, es sich einzugestehen und etwas dagegen zu unternehmen." Wir haben eine Weile darüber diskutiert, der Mann in der Leitung blieb dabei: "In der DDR war die Zahl der Analphabeten bestimmt nicht so groß."
Episode 2: Ich habe mir die Entscheidung nicht leicht gemacht, hier davon zu berichten, doch nach mehreren Anrufen zu diesem Thema, deren Inhalt weitgehende aus Formulierungen jenseits des respektvollen Miteinanders bestand, hat mich auch noch eine Mail erreicht, in der mir der Absender sagte, seine Meinung sei als Leserbrief gedacht. Auslöser war die Reportage "Eltern ja, Liebe nein", in der es darum ging, dass immer mehr Eltern und Kindern in den unterschiedlichsten Konstellationen zusammenleben und immer häufiger ein Kontakt über das Internet dazu führt, dass Frau und Mann sich zusammentun, um ein Kind zu haben und gemeinsam zu erziehen, ohne dass sie ein Ehepaar sein wollen. Drei Zitate möchte ich stellvertretend für die "andere" Sicht auf die Dinge anführen und es dabei belassen: "Jedes Kind hat das Recht, in eine gesunde Ehe hinein geboren zu werden." "Wie soll ein aus einer solchen Verbindung entstandenes Kind mit dem Makel fertig werden, wenn es als erwachsener Mensch später von sich sagen muss, nicht aus Liebe gezeugt worden zu sein?" "Diese Leute haben meine Verachtung wie ich sie tiefer kaum empfinden kann."
Episode 3: Dieses Gespräch war kurz, nicht einmal eine Minute hat es gedauert, doch gerade deshalb hat es mir besonders gut gefallen und möcht ich es hier fast vollständig wiedergeben: "Darf ich Ihnen aus dem Grundgesetz zitieren?" "Bitte schön, ich höre." "In Artikel 4 heißt es in Absatz 1: Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich. Und in Absatz 2: Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet." (An dieser Stelle schwieg ich, auch der Mann in der Leitung machte eine Pause, bevor er mir den Grund für seinen Anruf nannte.) "Mehr möchte ich zum Parteiprogramm der AfD nicht sagen."
Episode 4: Für Leserobmänner an regionalen Tageszeitungen gibt es die FWS; ich habe an dieser Stelle schon mehrmals darüber berichtet, vorgestern war es mal wieder so weit, die „Folgenschwerste Wetterlage in Sachsen“ schlug erbarmungslos zu, was bedeutet: Heute (wegen des Feiertags mit einer Verzögerung von einem Tag) haben sich gleich vier Leser bei mir darüber beschwert, dass der tagesaktuelle Wetterbericht am Mittwoch „voll daneben“, „ein Griff ins (…)“ und „leider nicht den Tatsachen entsprechend“ war. Dies war passiert: Von Nord nach Süd zog sich (wie mit dem Lineal gezogen) an diesem Tag eine Wetterteilung durch Deutschland: Westlich davon ein wolkenloser Himmel, östlich davon eine Ballung an Regenwolken. Diese Grenze bewegte sich kaum, auf dem Satellitenradar höchstens ein paar Millimeter innerhalb von Stunden, aber leider eben genau durch Mitteldeutschland. Der Meteorologe hatte trotzdem eine Prognose auch für Chemnitz, Burgstädt, Freiberg und Zschopau gewagt. Mit diesen Konsequenzen: Zwei Kaffeerunden mussten ins Haus verlagert werden, ein Lattenzaun konnte nicht zu Ende gestrichen werden und ein Spaziergang endete damit, dass anschließend ein kompletter Kleiderwechsel erforderlich war. Warum die Leute bei mir angerufen haben? Ach ja, wenn ich ...
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