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Du da oben, grüß mir die Sonne

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Der Mann in der Leitung sagte, dass er mich wegen meiner Kolumne "Die Krux mit der Zeit" angerufen habe, denn dazu würde er mir gern eine Frage stellen, was er durfte, und von mir wissen wollte er dies: "Kennen Sie das Lied 'Flieger, grüß mir die Sonne'". Weil die Zeit der Neuen Deutschen Welle zu Beginn der achtziger Jahre für mich eine der prägenden Phasen meines Lebens war - Details verrate ich mit Rücksicht auf meine moralische Reputation nicht - und ich mich an fasse alle Hits dieser damals beinahe revolutionären Stilrichtung erinnere, sagte ich im Brustton der Überzeugung: "Na klar, das war die B-Seite von 'Hurra, hurra, die Schule' brennt von Extrabreit, oder war es doch die A-Seite? Egal, ich kann Ihnen aber versichern, dass nach mehr als 30 Jahren noch heute ich ein Gänsehautgefühl kriege, wenn ich diese Rocknummer mal wieder im Radio höre." Pause, der Mann in der Leitung schwieg, ich hörte nicht einmal ein Rauschen, geschweige denn ein Atmen. In diesem Augenblick kamen mir dann doch Zweifel angesichts dessen, was ich geantwortet hatte, denn mir schien plötzlich nicht mehr schlüssig zu sein, warum der Anrufer mich nach diesem Lied gefragte hatte, nachdem er meine Ausführung zu der Uhrenumstellung am kommenden Wochenende von der Sommer auf die mitteleuropäische Normalzeit gelesen hatte. Bevor mir dieses Schweigen dann unheimlich zu werden drohte, erhob der Anrufer doch noch seine Stimme, was er sagte verwirrte mich aber noch mehr: "Keine Ahnung, was Sie mir da gerade erklärt haben, von welcher Welle haben Sie gesprochen?" Nachdem ich ihm meine Kurzversion der NDW-Definition erklärt hatte, war dies seine Reaktion: "Nun denn, ich meine jedenfalls das Lied 'Flieger, grüß mir die Sonne', mit dem Hans Albers in den dreißiger Jahren des vergangenen einen großen Hit landen konnte."

 

Den Rest der Unterhaltung fasse ich mal zusammen, es hat noch eine Weile gedauert, bis wir geklärt hatten, warum der Mann mich angerufen hatte, also: In meiner Kolumne hatte ich von Wörtern gesprochen, deren beabsichtigter Sinn sich allen erschließt und die deshalb für die meisten zum normalen Sprachgebrauch gehören, die aber trotzdem eigentlich in dieser Verwendung falsch sind und deshalb nicht geschrieben beziehungsweise gesprochen werden sollten. Der Mann hatte mir auf eine aus seiner Sich anschaulichen Art und Weise mit dem Verweis auf das Lied mitteilen wollen, dass der Flieger auch auf die Liste dieser Wörter gehört, weil er häufig (auch in der Zeitung) lesen würde, dass mit dem Flieger das Flugzeug gemeint ist, dass beispielsweise ein Staatsoberhaupt von einem zum anderen Ort transportiert hat. Am Ende habe ich mich für diesen Hinweis bedankt und dem Leser versprochen, dass ich künftig den Kollegen neben dem Luftdruck (Reifeninnendruck) und Stundenkilometer (Kilometer pro Stunde) auch bei dem Flieger (Pilot) sagen werde, dass es eine falsche Bezeichnung ist, wenn damit das Flugzeug gemeint ist. In einem anderen Fall bin ich aber noch nicht zu einer mich befriedigenden Antwort beziehungsweise Aufklärung des Sachverhalts gekommen. Ein anderer Leser hat sich an mich gewandt, weil er meint: Das Material, aus dem viele Gegenstände des täglichen Gebrauchs gefertigt sind und das allgemein als Kunststoff bezeichnet wird, darf man niemals Plastik nennen, denn das sei schlichtweg falsch. "Von Plastik sollte man besser nur sprechen, wenn man Künstler oder Schönheitschirurg ist", meinte der Leser. Ob er nun recht hat oder nicht, muss ich noch ergründen, nur bin glücklich darüber, dass die Plastiktüten in ein paar Jahren nahezu ganz aus dem Handel verschwunden sein sollen; für meine grüne Seele ist diese Vorstellung purer Balsam. Abschließend zwei Empfehlungen: "Flieger, grüß mir die Sonne" von Extrabreit und die ursprüngliche Version von Hans Albers, verbunden mit der Warnung: Die zweite geht auch unter die Haut, aber aus einem ganz anderen Grund.

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