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Alle Tassen und ein Klammeraffe

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Wenn es sie nicht gäbe, ich würde sie schmerzlich vermissen, diese Randnotizen aus den Protokollen der Gespräch mit Lesern, die mir manchmal unverhofft ein Lächeln ins Gesicht zaubern oder mich zum Nachdenken anregen auf eine Weise, wie sie mir guttut angesichts der Dinge, die ich sonst von Lesern erfahre. In dieser Woche waren es diese:

Episode 1: Einem Leser hat sich bei mir beschwert, weil er den Eindruck hat, dass meine Kollegen in der Redaktion und auch die Verfasser von Leserbriefen die Schuld an Missständen und Problem fast ausschließlich den Politikern geben, weshalb er mir diesen Rat geben wolle: "Ich kann Ihnen und auch jedem Leser nur Bibel TV empfehlen", meinte er und fügte noch hinzu: "Das ist die Quelle, die wir einschalten müssen, damit es uns wieder gut geht. Aber doch nicht immer die ganze Schuld auf die schon so geplagten Politiker schieben, ich darf doch wohl bitten."

Episode 2: Manchmal fühle ich mich überfordert, und das war mehrmals in der zu Ende gehen Woche der Fall; vor allem immer dann, wenn mich die Leute am Telefon mit dem, was sie sagten, sprachlos machten und ich nur noch schweigen konnte. Bei diesem einen Leser aber war das anders, denn ich war nicht in der Lage zu antworten, weil ich mehr als nur drei oder vier Gedankengänge miteinander verknüpfen musste, um den Sinn dieses Satzes zu verstehen: "Das kann niemand an der Realität vorbei ignorieren." Ergibt er überhaupt einen Sinn?

Episode 3: Ein Anrufer hatte meine Nummer gewählt, weil er sich bei mir darüber bescheren wollte, nachdem ich seinen Leserbrief zwar veröffentlich, aber einen Satz daraus gestrichen hatte. "Der war mir besonders wichtig, warum fiel er dem Rotstift zum Opfer?", fragte der Mann mich. Ich habe ihm erklärt, dass beleidigende oder diskreditierende Formulierungen in Meinungen auf der Seite "Leserforum" nichts zu suchen haben und immer gestrichen werden. "Was ist denn daran beleidigend, wenn ich frage, ob (... - Anmerkung: Name des Politiker dem Leserobmann bekannt) noch alle Tassen im Schrank hat?" Also habe ich ihm gesagt, dass diese Formulierung meiner Ansicht nach auf eine respektlose Weise den Geisteszustand einer Person infrage stellt, was bei einem Mitglied der Bundesregierung auf jeden Fall despektierlich ist. Der Mann in der Leitung zeigte sich einsichtig und sagte noch: "Das nächste Mal schreibe ich, dass er wohl mit dem Klammeraffen gepudert sein muss." Dazu habe ich nichts mehr gesagt.

Episode 4: Von den vielen Hinweisen zu weiteren Verhaltensweisen, auf die man der Umwelt zuliebe besser verzichten sollte und die ich als Reaktion auf meine Kolumne "Besser ertränken" erhalten habe, fand ich diesen Beitrag eines Leser ganz interessant, weshalb ich ihn nicht für mich behalten möchte: "Muss denn Frau von der Leyen mit ein paar Leuten mit einer riesigen Bundeswehr-Transportmaschine durch die Gegend fliegen? Fahren die Politiker E-Autos? Ich bin gestern Nachmittag durch unser Nachbardorf gejoggt, da habe ich dreimal ein Postauto überholt, und jedes Mal lief der Dieselmotor."

Episode 5: "Ich habe gerade in der Zeitung gelesen, dass jeder Deutsche pro Jahr Lebensmittel im Wert von 235 Euro wegwirft, obwohl ein Großteil noch genießbar wäre.  Insgesamt 82 Kilogramm Lebensmittel, vor allem Obst und Gemüse, landen demnach auf dem Müll", klärte mich eine Leserin über den Grund ihres Anrufs aus und fragte mich: "Ist deshalb nicht ein Sturm der Entrüstung über Sie hinweggefegt?" Doch ich musste die Frau enttäusch; kein einziges Gespräch, kein einziger Leserbrief. Die Anruferin atmete hörbar tief ein, bevor sie sagte: "Der Wohlstandgesellschaft sind diese Dinge offenbar völlig gleichgültig, ich kann damit nicht umgehen, ich will nicht so tun, als gäbe es dieses Problem nicht, ich weiß nicht, wie ich mich jetzt verhalten soll. Bitte helfen Sie mir."

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