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Bei meinem wöchentlichen Rückblick auf die kleinen, aber nicht weniger aufschlussreichen Randnotizen in den Protokollen meiner Gespräche mit Lesern zwischen zehn und zwölf geht es heute um ein Fremdwort, das eindeutig ein solches ist, egal wie man es ausspricht, und um eine Fabrik, in der keine Waren produziert werden, sondern die Beschäftigten mit der Aufgabe betraut sind, ihre Gehirnwindungen möglichst viel Produktives zu entlocken.

Episode 1: "Sie haben doch diese Kolumne über diese Zunahme an Anglizismen in der deutschen Umgangssprache geschrieben", meinte ein Leser und erklärte mir weiter, dass es für ihn auch ein solches Wort gebe, über das er sich jedes Mal aufrege, wenn er es in einem Artikel in der "Freien Presse" lesen würde. Also fragte ich ihn, weil er das ganz offensichtlich von mir erwartete, um welchen Bericht es geht, und  bat ihn dann, mir bitte den Satz oder den Absatz vorzulesen, damit den Zusammenhang, in dem das englisches Wort steht, erkennen und dann entscheiden kann, ob es tatsächlich kein Problem gewesen wäre, an dieser Stelle ein deutsches zu verwenden. Er nannte mir die Überschrift "Wenn eine sächsische Stiftung um Prüfung in eigener Sache bittet"; der Artikel war vor einer Woche auf der Seite "Sachsen" zu lesen gewesen. Dann las der Mann in der Leitung mir den Absatz vor: "Die Streichung sei erfolgt, um inhaltliche Missverständnisse zu vermeiden, so die Stiftung. Maicher fragt sich nun aber, ob die externe Evaluation von der Geschäftsführung beeinflusst werden könne. SPD-Fraktionsvize Hanka Kliese ärgert sich derweil über das reflexhafte Reagieren von Grünen und Linken. Es sei wichtig und gut, dass die Evaluation kommt, um den Beschwerden gerecht zu werden." Womit ich bereits bei dem Fazit dieses Gesprächs angekommen bin: Ich habe einige Sekunden gebraucht, um in mich hineinzuhorchen, wie ich darauf reagieren sollte, dass man das aus dem Lateinischen stammende Wort "Evaluation" auch englisch aussprechen kann. Wie ich reagiert habe? Tut mir leid, aber das möchte ich für mich behalten.

Episode 2: : Ein neuer Rekord ist es zwar nicht, denn die Bestmarke liegt bei vier Wochen und drei Tagen, aber auf den vierten Platz der Bestenliste zum Thema "Sinn oder Unsinn der Zeitumstellung" hat es ein Leser geschafft, der sich gestern (also eine Woche und zwei Tage vor dem Tag der Uhrenumstellung) an mich gewandt hatte, weil er seit Jahren gegen diesen "Schwachsinn" zu Felde zieht und auch diesmal nichts unversucht lassen möchte, damit meine Kollegen in der Redaktion das Thema aufgreifen, einen Bericht schreiben und damit bewirken, dass die Regierenden in Berlin und Brüssel endlich begreifen, dass das "großer Blödsinn" ist. Seine Plädoyer endete mit diesem Satz: "Ich kann Ihnen versichern: Niemand will die Sommerzeit, niemand braucht sie, sie hat nur Nachteile."

Episode 3: Es gibt Bezeichnungen, die stehen bei mir auf dem Index der Begriffe, die zwar allgemein im Wortschatz der in politischen und gesellschaftlichen Kreisen sich aufhaltenden Menschen anerkannt sind und deshalb auch häufig in Artikeln über die Ingangsetzung von Entscheidungsprozessen auftauchen, aber die für viele Leser trotzdem ein rotes Tuch sind und sie dazu veranlassen, mich anzurufen und ihrem Ärger mal ein Ventil zu verschaffen. Ein solches Wort ist "Denkfabrik". Zum besseren Verständnis möchte die in "Wikipedia" formulierte Definition voranstellen: "Als Denkfabrik (...) werden Institute bezeichnet, die durch Erforschung, Entwicklung und Bewerbung von politischen, sozialen und wirtschaftlichen Konzepten und Strategien Einfluss auf die öffentliche Meinungsbildung nehmen und sie so im Sinne von Politikberatung fördern." Zwei Leser haben sich bei mir gemeldet, sie in dem Artikel "Pegida, Politik und Wissenschaft" von einer Denkfabrik gelesen hatten. Es geht darum, dass der Bund 37 Millionen Euro hält der Bund dafür bereit, dass an einer sächsischen Uni ein „Institut für gesellschaftlichen Zusammenhalt“ entsteht. Der Mann in der Leitung meinte: "Was für ein elitärer Sch... ist das denn? Haben Sie überhaupt eine Vorstellung davon, was man mit diesem Geld machen könnte, um den Ärmsten der Armen in unserer Gesellschaft zu helfen?" Eine Frau formulierte ihre Kritik so: "Noch immer bin ich mir nicht mir sicher, ob ich eine Denkfabrik nun eher gut finden soll, weil der organisierte Gebrauch des Verstandes bestimmt eine tolle Sache ist, oder ob ich es als einen Euphemismus für eine Ansammlung von überflüssigen Lobbyisten kritisieren und deshalb an den öffentlichen Pranger stellen sollte." Beiden Anrufer habe gestanden: Ich möchte nicht Arbeiter in einer Denkfabrik sein. Worauf die Frau in der Leitung meinte: "Sind Sie das nicht schon längst?"

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