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Poesie für die Ewigkeit

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Drei Mal hat mich eine ältere Dame in den den vergangenen drei Wochen angerufen und gefragt, ob ihr Leserbrief veröffentlicht wird. Beim ersten Mal habe ich ihr mitgeteilt, dass der Brief noch gar nicht bei mir angekommen ist, was ich sicher wusste, weil ich in dem akribisch geführten Posteingangsbuch unter ihrem Namen noch keinen Eintrag hatte. "Bei der Post kann es mit der Zustellung von Briefen manchmal doch einen Tag länger dauern", sagte ich und stieß damit auf Verständnis. Drei Tage später hatte die Frau wieder meine Nummer gewählt und wollte wissen: "Nun müsste mein Brief aber da sein, und wird er gedruckt?" Ich bestätigte ihr den Eingang des Schreibens und teilte ihr die laufende Nummer im Posteingangsbuch mit, obwohl sie damit nichts anfangen kann, aber ich die Erfahrung gemacht habe, dass das Vertrauen schafft, doch dann musste ich sie vertrösten, weil der handgeschriebene Brief bereits abgeheftet worden war und ich ihn mir, weil ich selbst keinen unmittelbaren Zugriff auf den Ordner (ein stabiler Hefter zum Einordnen von gelochten Blättern) habe und bis zum nächsten Tag warten musste, damit mein Kollegin mir den Brief auf den Schreibtisch legen kann. "Dann rufe ich eben morgen nochmal an", sagte sie und legte auf. Sie hielt ihr Versprechen: "Und, haben Sie ihn jetzt gelesen?", fragte sie mich und war dann (ich betone) hörbar erleichtert, als ich ihr dies bestätigen konnte: "Ich habe ihn gerade vor mir liegen", sagte ich. Die Enttäuschung war dann umso größer, als ich ihr mitteilen musste, dass ihre in Schönschrift verfassten Zeilen nicht auf der Seite "Leserforum" erscheinen können. Die Begründung hat sie noch etwas mehr getroffen: Ein in Versform gehaltener Appell für mehr Mitmenschlichkeit und Frieden auf der Welt sowie mehr Mitgefühl und ein stärkeres Vertrauen untereinander erfüllt leider nicht die Kriterien für einen Leserbrief. Nun wollte ich ihr aber eine Freude machen und habe ihr angeboten, ihre Poesie in meinem Blog im Internet zu veröffentlichen, weil dort nur die Regeln gelten, die ich selbst erlassen habe, und weil es immer mal wieder ein "Gedicht der Woche" gibt, das sich von den (ehemaligen) lyrischen Zeilen auf der Seite "Kultur" in der "Freien Presse" grundsätzlich dahingehend unterscheidet, dass sich die Verse immer reimen (sollen). Für ihre Verhältnisse war die Reaktion darauf wohl ein Sturm der Entrüstung: "Um Himmelswillen, nur das nicht, mit dem Internet will ich nichts zu tun haben." Ich habe dann noch versucht, sie umzustimmen, und ihr gesagt, dass ich in meinem Blog niemals Namen nenne, doch dieses Versprechen reichte nicht, sie blieb dabei: "Kein Internet." Dann habe ich wohl einen Fehler begangen und ihr Weltbild mit der fundamentalen Ablehnung allen Tuns auf der weltumspannenden digitalen Datenautobahn bis in alle Ewigkeit festzementiert, denn ich erklärte ihr: "Briefe im Leserforum werden nur mit dem Namen der Autoren veröffentlicht", beschrieb ich ihr das Prozedere, was für sie nicht neu war, weil genau das mal ihr eigentliches Anliegen gewesen war, doch dann fügte ich hinzu: "Die Leserbriefseiten stehen aber im Internet und bleiben da vermutlich bis in alle Ewigkeit abrufbar, so dass jeder, der ihren Namen eingibt, auf ihren Brief stoßen würde." Gefühlte zehn Sekunden lang hörte ich gar nichts, dann nur doch diese Worte: "Ich fass es nicht, ich muss jetzt auflegen." Damit dieser Blogeintrag doch noch ein versöhnliches Ende findet, gibt es jetzt das "Gedicht der Woche" im Blog des Leserobmanns der "Freien Presse":

 

"Sechzig Jahre EU und kein bisschen demokratisch, wach und weise,

aus Kriegen und gehabtem Schaden nichts gelernt.

Mit Frieden, Wirtschaft, Wohlstand und Freiheit zum Paradiese,

wären da nicht Brexit, Finanz-, Euro- und Flüchtlingskrise.

Sechzig Jahre EU und nationale Populistenkreise,

weit von der Europäischen Einheit entfernt."

 

Roland K.

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