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Die Blut-und-Ehre-Verbindung

Das Zwickauer Terror-Trio soll Kontakte zu einer mittlerweile verbotenen Neonazi-Organisation sowie zur rechten Musikszene unterhalten haben. Die Mordserie macht betroffen, doch die Demokratie sehen Experten nicht bedroht.

Chemnitz. Sowohl das Thüringer Landes- als auch das Bundesamt für Verfassungsschutz sollen selbst Jahre nach dem Abtauchen des Zwickauer Terror-Trios V-Leute in dessen Umfeld gehabt haben. Eine Schnittstelle ergibt sich nach Recherchen des sächsischen Extremismus- Experten Volkmar Wölk (Linke) durch illegale Konzerte rechtsextremer
Bands, die bis ins Jahr 2005 in Chemnitz und im Erzgebirge stattfanden. Nach Angaben von Szene- Aussteigern waren Beate Zschäpe (36), Uwe Mundlos (38) und Uwe Böhnhardt (34) bei diesen Konzerten manchmal selbst dabei.

Als Organisatoren der Konzerte fungierten laut Wölk Marcel D. aus Gera, der ehemalige Chef der Thüringer Sektion der im Jahr 2000 in Deutschland verbotenen Neonazi- Vereinigung "Blood and Honour", und der Sebnitzer Mirko H. aus der sogenannten Hammerskins-Szene. Auch Yves Rahmel, der Betreiber des Chemnitzer Musiklabels "PC Records", das ausschließlich Platten rechtsextremer Bands herausgibt, soll eine Rolle gespielt haben. Während Marcel D. nach dem Verbot der "Blood-and-Honour"-Bewegung als V-Mann des Thüringer Verfassungsschutzes enttarnt wurde, soll Mirko H. Kontakte zum Bundesamt gepflegt haben. Ob die Behörden über diese Quellen Informationen bekamen, die nicht genutzt wurden, ist bisher unklar. Klar dagegen ist, dass im Zuge des "Blood-and-Honour"- Verbots Marcel D. seinerseits Informationen bekommen haben muss. Kurz vor einer  Razzia-Welle gegen Mitglieder der Vereinigung bekam er nach Recherchen der "Thüringischen Landeszeitung" den Tipp, seine Wohnung zu "säubern". Solche Warnungen an Informanten des Geheimdienstes seien "etwas völlig Normales", zitierte die Zeitung damals nicht näher genannte Mitwisser. Neben dem Problem der Doppelrolle von aus der Szene angeworbenen V-Leuten, bei denen man nie sicher sein könne, in welche Richtung der Informationsfluss eigentlich erfolge, werfe das Ganze noch eine Frage auf, findet Wölk: Wurden illegale Konzerte, an denen sogar das Zwickauer Terror-Trio teilnahm, vielleicht gar mit staatlichem Geld finanziert?

"Ein Untergrundkonzert, bei dem man eigentlich immer Gefahr laufen würde, entdeckt zu werden - wenn die drei dahin gekommen sind, müssen sie sich absolut sicher gefühlt haben", so Wölk. Auch Kontakte des Terror-Trios zur in Großbritannien gegründeten internationalen "Blood-and-Honour"- Organisation liegen nach Recherchen des ARD-Magazins "Monitor" nahe. Unter dem Namen "Combat 18" (Szene-Jargon für "Kampf Adolf Hitler") gründete die Bewegung schon vor Jahren einen bewaffneten Arm. Und der propagiert den Untergrundkampf in Form kleiner Zellen. Bis Ende der 90er-Jahre verbreitete "Combat 18" Propagandamaterial, in dem man Anschläge auf Migranten empfahl, von Bekennerschreiben
abriet und Anleitungen für Nagelbomben ausgab, die der in der Kölner Keupstraße verwendeten stark ähnelten. Alles in allem lese sich die "Combat-18"-Anleitung wie eine Blaupause zu den Terror-Akten. Nach Erkenntnissen von Ermittlern hatten Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt bereits Mitte der 90er- Jahre gemeinsam mit anderen Personen aus dem "Thüringer Heimatschutz" konspirativ "Blood and Honour"-Konzerte organisiert.

 

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