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"Fast hätte ich mit in der Gondel gesessen"

Einstiger Mohsdorfer Busunternehmer Bernd Heilmann erinnert sich an das Seilbahnunglück im norditalienischen Cavalese vor elf Jahren

Mohsdorf. Noch heute erinnert sich Bernd Heilmann ganz genau daran, wie ihm sein Skifreund Erhard Bohni am Nachmittag des 3. Februar 1998 auf die Schulter geklopft und gesagt hat: "Komm', wir machen nochmal zum Gipfel hoch". Der 65-jährige Mohsdorfer holt tief Luft und sagt dann: "Das hat mir das Leben gerettet. Sonst hätte ich auch mit in der Gondel gesessen." - In jener Gondel, die über 110 Meter in die Tiefe stürzte, nachdem ein US-Militärjet im Tiefflug das Zug- und das Tragseil der Cermis-Seilbahn in den Dolomiten gekappt hatte. Alle 19 Insassen waren sofort tot.

"Wir hatten gleich ein ungutes Gefühl"

"Als keine Bahn mehr ins Tal gefahren ist und wir den Skibus nehmen mussten, hatten wir gleich ein ungutes Gefühl", sagt Heilmann. "Langsam sickerte durch, was geschehen war. Anfangs hatten wir noch die Hoffnung, dass unsere Freunde verschont geblieben sind. Doch sie kamen nicht wieder." Nach quälenden acht Stunden Wartezeit die Gewissheit: Sechs Männer und Frauen aus Burgstädt und ein Hartmannsdorfer sind unter den Opfern. "Wir haben uns gegenseitig gestützt", erinnert sich Heilmann.

Der Busunternehmer, zu dessen Reisegruppe die tödlich verunglückten Urlauber vom Mohsdorfer Sportverein Grün-Weiß gehört hatten, nahm Kontakt zur deutschen Botschaft in Italien auf und bat um Hilfe. "Das Schlimmste war der Medienrummel", sagt er. "Wir sind regelrecht von Fernseh- und Radiosendern umlagert worden und wussten nicht, wie wir uns verhalten sollten." Die Leute vom Südtiroler Fernsehen allerdings hätten den Angehörigen nach Kräften geholfen, Gespräche gedolmetscht und Kontakte vermittelt. "Auch unsere Hotelfamilie, zu der wir heute noch fahren, hat uns unterstützt", so Heilmann.

An die Rückfahrt aus dem Winterurlaub, der zum Albtraum geworden war, kann er sich nur noch bruchstückhaft erinnern. "Ich stand völlig unter Schock, bin einfach gefahren", sagt er. "Wir wollten ja alle heim." Den Verwandten der Opfer war zwar angeboten worden, nach Hause zu fliegen, "aber wir wollten zusammen bleiben". Dieses Zusammengehörigkeitsgefühl sei später aber nach und nach abhandengekommen.

Zu Angehörigen kaum noch Kontakt

Klar, seinen Freund Erhard treffe er noch häufig. Zu den Witwen und Kindern der Cavalese-Opfer hingegen habe er inzwischen kaum noch Kontakt. "An ihrer Stelle wäre ich nicht hiergeblieben", sagt Heilmann. Viele seien neidisch wegen der Entschädigung von rund zwei Millionen Euro für jeden Angehörigen. "Aber ich sage immer wieder: ,Geld macht nicht glücklich'", so der 65-Jährige.

Über 17 Jahre leitete der gelernte Kraftfahrzeug-Schlosser sein Busunternehmen, besaß in Spitzenzeiten sieben Busse und beschäftigte sieben Mitarbeiter. Rund zwei Millionen Kilometer legte er zurück: beispielsweise in Deutschland, Frankreich, Österreich, Polen, Russland, Kroatien und Ungarn. Oft war seine Frau dabei.

Seine letzte Fahrt ging zur Grünen Woche nach Berlin. "Ich hatte viele treue Kunden im Burgstädter und Limbacher Raum. Es war eine schöne Zeit", sagt Heilmann. "Ich freue mich auf meinen Ruhestand, bin wunschlos glücklich und möchte mit keinem tauschen." Nach wie vor fahre er in den Winterurlaub nach Cavalese - in der nächsten Woche erstmals nicht mit seinem Bus (den letzten hat er vorige Woche verkauft), sondern mit Regiobus Mittweida.

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