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Kulturhauptstadt Chemnitz: Was, wenn Besucher mal aufs Örtchen müssen?

Gästeführer klagen seit Jahren über zu wenige öffentliche Toiletten in der Innenstadt. Droht mit dem erwarteten Gäste-Ansturm 2025 endgültig ein Notdurft-Notstand?

Chemnitz.

Wohin wollen Chemnitz-Besucher zuerst, wenn sie als Tagestouristen in die Stadt kommen und aus ihrem Bus klettern? Zu Marx? Zum Roten Turm? Zum Versteinerten Wald?

Nein, in der Regel ganz woanders hin, weiß Gästeführerin Karin Meisel. Die erste Frage gelte meist der nächsten Toilette. Je nach Altersgruppe, so schätzt sie, plagen im Extremfall bis zu zwei Drittel der Ankömmlinge zunächst ein mehr oder minder dringendes Bedürfnis, bevor es auf Sightseeing-Tour gehen kann. „Bei Bussen mit 30 bis 50 Gästen ist das dann schnell ein echtes Problem“, verdeutlicht Meisel. Zumal es im Stadtzentrum kaum öffentliche Toiletten gibt.

In der Not hilft die „Nette Toilette“ – aber auch nicht immer

Das Rathaus verweist auf die Gastronomen der Innenstadt, von denen sich einige der Initiative „Nette Toilette“ angeschlossen haben. Besucher des Stadtzentrums können bei Bedarf die Toiletten ihrer Lokale nutzen, sogar kostenfrei. Die Stadt zahlt den Inhabern im Gegenzug einen Zuschuss. Ein roter Aufkleber an der Eingangstür weist darauf hin; auch eine Handy-App hilft beim Finden.

Die „Nette Toilette“ war vor mehreren Jahren auf Initiative von Kommunalpolitikern im Stadtrat auf den Weg gebracht worden. „Eine gute Idee, die in der Praxis auch sehr gut gehandhabt wird“, urteilt Karin Meisel. „Ich habe mit den von mir betreuten Besuchergruppen nur positive Erfahrungen damit gemacht.“

Allerdings, so die Gästeführerin, reiche das Angebot oft schlicht nicht aus, trotz der eher überschaubaren Anzahl an Chemnitz-Touristen in den vergangenen Jahren. „Wenn die Gaststätten noch nicht geöffnet haben, ist es ganz, ganz schwierig“, erläutert Karin Meisel. Zudem seien in nicht wenigen Restaurants die Toiletten nicht für jedermann gut zu erreichen, weil der Weg dorthin über mehr oder minder steile Treppen hinauf und hinab führt.

Mit einem entsprechend flauen Gefühl blicken Meisel und ihre Gästeführer-Kolleginnen und -Kollegen dem kommenden Jahr entgegen. Chemnitz wird dann Europäische Kulturhauptstadt sein, erwartet werden bis zu zwei Millionen Besucher. Der Andrang von Tagestouristen könnte über Monate hinweg Ausmaße erreichen, wie sonst nur zur Bergparade und während des Weihnachtsmarktes.

„Wenn sich an der Situation bis dahin nichts ändert, dann wird das ein ziemliches Problem werden“, fürchtet Karin Meisel. Und das, obwohl der Verein der Gästeführer schon seit etwa 15 Jahren auf die problematische Toiletten-Situation hinweise.

Stadtrat berät kommende Woche

Im Rathaus gibt man sich entspannt. „Der Stadt Chemnitz und der Kulturhauptstadt Europas Chemnitz 2025 gGmbH ist die Notwendigkeit von öffentlichen Toiletten im Kulturhauptstadtjahr bewusst“, heißt es offiziell. Ein Konzept sei in Arbeit.

Konkrete Anzeichen für einen Ausbau des Angebotes sind bislang Fehlanzeige. Am neuen Fernbus-Terminal an der Dresdner Straße etwa, das derzeit gebaut wird und möglichst noch vor Beginn des Kulturhauptstadtjahres fertiggestellt sein soll, sind Toiletten für Fahrgäste ausdrücklich nicht vorgesehen. Fernbus-Passagiere, die dort ankommen oder abfahren, sollen bei Bedarf die öffentlichen Toiletten im Hauptbahnhof nutzen, heißt es. Angesichts der zumeist längeren Zwischenstopps von 10 bis 15 Minuten hätten die Fahrgäste hinreichend Zeit, die Toiletten am anderen Ende des Fußgängertunnels unter dem Hauptbahnhof aufzusuchen, so die Planer.

Unterdessen diskutieren die Chemnitzer Stadträte in ihrer nächsten Sitzung kommende Woche darüber, das „Nette Toilette“-Konzept auf das gesamte Stadtgebiet auszuweiten. „An stark frequentierten Orten, wie beispielsweise Küchwald, Konkordiapark oder Stadtpark, soll mit Gastronomen oder Händlern das Gespräch für einen Beitritt zum Konzept ,Nette Toilette‘ gesucht werden“, heißt es in einem entsprechenden Antrag der Linken.

Im Rathaus stößt der Antrag auf Skepsis, nicht nur wegen befürchteter Mehrausgaben in Höhe von einigen Hunderttausend Euro. Soweit es überhaupt Einrichtungen in der Nähe der genannten Orte gebe, seien diese wegen ihrer beschränkten Öffnungszeiten oft „vollkommen irrelevant“, heißt es. (micm)

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