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Als das Redaktionssystem down war: Eine einmalige (Not-)Ausgabe

Es gibt diese Tage, die in die Geschichte der "Freien Presse" eingehen. Der 23. November 2017 gehört dazu; aus der Not heraus geboren. Was war passiert?

Es war ein Tag, an dem nur Routineaufgaben auf meinem Plan standen. Als Medientechniker gehören unter anderem Arbeiten am Redaktionssystem "Dialog" dazu, ebenso wie die Unterstützung der Kollegen bei technischen Problemen bei der Zeitungsproduktion. Gegen 13 Uhr stellte ich fest, noch bewahrte ich die Ruhe: Das Mailprogramm "Outlook" funktionierte nicht mehr, das Internet hatte komplett seinen Geist aufgeben, nichts ging mehr. Meine Hoffnung, dass nur ein zeitlich begrenztes und "kleines" Problem die Ursache ist, zerschlug sich bereits wenige Minuten später. Denn von den Kollegen in der IT-Abteilung bekam ich die folgenschwere Nachricht: Das gesamte Netzwerk, das für die Produktion der "Freien Presse" benötigt wird, war ausgefallen.

Weil niemand wusste, ob und wann dieser folgenschwere Fehler behoben werden kann und das System wieder zur Verfügung steht, stand für die Geschäftsführung, die Chefredaktion und die Technische Leitung fest, dass eine in der Geschichte der "Freien Presse" noch nie vorgekommene Entscheidung getroffen werden musste: Warten bis zum letzten Augenblick oder anfangen, eine Notausgabe zu planen und in die Tat umsetzen? 16 Uhr kam dann das Signal, dass der Startschuss für eine bis dato einmalige Aufgabe war: Es wird eine deutlich kleinere und auf 14 Seiten reduzierte Notausgabe geben, und statt der 19 verschiedenen Lokalausgaben wird die "Freie Presse" in allen Regionen des Verbreitungsgebietes dieselbe sein.

Das klingt einfacher, als es zu realisieren war. Denn die Kollegen in den Außenredaktionen mussten ins Verlagshaus in Chemnitz kommen, was schon deshalb ein Problem war, weil auch das Telefonfestnetz ausgefallen war und man die Redakteure nicht ohne weiteres anrufen konnte; zwei Stunden später aber waren alle da und es konnte losgehen. Für mich ging der Stress dann erst richtig los. Soll heißen: Ich musste die Technik wie Laptops und Speichermedien sowie Kabel und Steckdosen organisieren, bereitstellen und arbeitsfähig machen, damit die Kollegen überhaupt an ihre Inhalte für die Zeitung (Texte und Fotos) kamen und diese auf die Seiten stellen konnten.

Konkret sah das dann so aus: Drei Redakteure standen an einem Computer und teilten sich die Aufgaben, deren Erledigung normalerweise eine Frage von Sekunden ist, in diesem Moment aber "per Hand" verrichtet werden musste und Minuten dauerte. So wurden unter anderem Fotos nicht über den Datenkanal zur Druckvorbereitung verschickt, sondern jemand musste sie - auf einem USB-Stick gespeichert - in die Abteilung eine Etage tiefer tragen. Was schon seit Jahrzehnten nicht mehr nötig war, gehörte plötzlich zur Problemlösung: Texte wurden über das Telefon diktiert und über die Tastatur ins System geschrieben.

Die erlösende Nachricht erreichte alle an der Produktion der Notausgabe beteiligten Kollegen dann gegen 20 Uhr: Die Mitarbeiter der IT-Abteilung hatten es geschafft, das System soweit wieder in Gang zu bringen, dass alle für die Belichtung der Druckplatten erforderlichen Daten im rund fünf Kilometer entfernten Druckzentrum am Südring angekommen waren und die Druckmaschinen ihre Arbeit aufnehmen konnten. Und als die Leserinnen und Leser dann wie gewohnt am frühen Morgen ihre "Freie Presse" aus dem Briefkasten zogen und feststellen, dass sie diesmal etwas "dünner" ist, erfuhren sie auf der Titelseite sogleich den Grund dafür: Ein Stromausfall beim Energieversorger hatte zur Folge gehabt, dass die gesamte Systemtechnik der "Freien Presse" beeinträchtigt worden war und alle Bereiche davon betroffen waren, weshalb sie jetzt eine Notausgabe der Heimatzeitung in verringertem Umfang in den Händen hielten.

Also gilt seit diesem Tag weiterhin, worauf alle Beschäftigten in der Vergangenheit und heute stolz sein dürfen: In den 75 Jahren ihrer Geschichte ist die "Freie Presse" noch keinen Tag, in dem sie erscheinen sollte, nicht in den Briefkästen ihrer Leserinnen und Leser gelandet

Die Notausgabe vom 24. November 2017 als pdf

 

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