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Und bin so klug als wie zuvor

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Eigentlich von Anfang an habe ich mich gefragt, wann das erste Mal ein Leser mir am Telefon die Gretchenfrage stellt. Heute war es soweit: "Wie halten Sie es denn mit der Kirche?" wollte der Anrufer von mir wissen. So ganz im Stillen fiel mir zunächst mal ein Stein vom Herzen, denn man müsse sich mal vorstellen, der Leser hätte Margaretes Frage an Heinrich aus Goethes "Faust" (Vers 3415) tatsächlich wörtlich zitiert: "Nun sag', wie hast du's mit der Religion? Du bist ein herzlich guter Mann, allein ich glaub', du hältst nicht viel davon." Wie ich aus dieser Nummer hätte herauskommen wollen, wäre mir schleierhaft gewesen.

"Ich kenn mich eigentlich ganz gut aus", antwortete ich also im Brustton der Überzeugung, dass die Früchte meiner Schulbildung doch noch irgendwo vorhanden sein mussten. "Es geht mir um den Artikel 'Ein Wunder macht es möglich' in ihrer Zeitung am Samstag auf der ersten Seite. Dazu hätte ich mal eine Frage", teilte mir der Anrufer daraufhin mit. Und weil ich mich gut an den Text über die bevorstehende Seligsprechung von Papst Johannes Paul II. erinnern konnte, weil es tatsächlich die Überschrift war, die mich neugierig gemacht hatte, musste mir der Leser seine Frage auch nicht lange erklären, er konnte Sie ganz einfach stellen: "Glauben Sie wirklich, dass der verstorbene Papst dieses Wunder der Heilung einer französischen Nonne nach seinem Tod bewirkt hat?" Bevor ich antworten konnte, schob der Anrufer noch nach: "Oder kann es sein, dass Ihr Kollege da etwas falsch verstanden hat?"

Der Redakteur hatte die richtige Formulierung gewählt: Bei der angeblichen Wunderheilung geht es um die Genesung einer französischen Ordensfrau. Sie soll plötzlich von ihrer Parkinson-Krankheit befreit gewesen sein, nachdem Johannes Paul II. in den Monaten nach seinem Tod in Gebeten um Hilfe angefleht worden war. Auch der frühere Papst hatte an Parkinson gelitten.

Etwa fünf Minuten lang haben wir über dieses Thema diskutiert, dann waren wir uns einig, der Leser und ich, dass wir Goethe das letzte Wort in dieser Sache sprechen lassen sollten: "Da steh ich nun, ich armer Tor! Und bin so klug als wie zuvor."

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