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Von Hexen, Hasen und Mäusen

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Bevor ich heute zu der Mittelschule in Chemnitz gefahren bin, um dort den Mädchen und Jungen eines Neigungskurses "Schülerzeitung" in die Geheimnisse meines Berufsstandes einzuweihen, habe ich die aktuelle Ausgabe der "Freien Presse" komplett von vorne bis zur letzten Seite darauf hin untersucht, ob es Artikel gibt, die zu Fragen führen konnten, deren Antworten mir gewisses Unbehagen und einen roten Kopf bereiten könnten; man lernt ja aus seinen Fehlern (siehe Blogeintrag "Es geht nicht anders - reden wir über Sex"). Ich habe nichts gefunden und bin guter Dinge losgefahren.

Zu Beginn verteile ich die "Freie Presse" und erkläre den Aufbau der Zeitung; von der Titelseite über "Aus aller Welt" bis zum Lokalteil sowie den anschließenden Sportseiten. Die Jugendlichen hören mir zu; sie sind ruhig, es interessiert sie wirklich, was ich erzähle. Plötzlich aber höre ich in der letzten Reihe lautes Tuscheln, Zeitungsseiten werden mehr weggerissen als gereicht, das Flüstern ist aber erst verständlich, als ich mich auf zwei Meter genähert habe, dann höre ich Wortfetzen: "Blonde süße Hexe" und "Liebesmaus", "Schneehase" und "super Service". Mein Verdacht bestätigt sich, als ich die Tisch erreicht habe und die Sportseiten erkenne, aber ich will es diesmal besser machen und stelle deshalb selbst die Frage: "Wer weiß denn, was Kontaktanzeigen sind?" Der Lehrer schaut nicht betreten zur Seite, er greift auch nicht ein, er scheint seine Schüler gut zu kennen, denn er lächelt mich an, die Spannung wächst: Wie lautet die erste Antwort auf meine Frage? Da schnellt schon ein Finger in die Höhe, der Junge ist sich sicher: "Von Frauen, die sonst keine Hobbys haben."

Von zwei besonderen Vorkommnissen bei meinen heutigen Gesprächen mit Lesern am Telefon möchte ich noch berichten. Denn zum einen gibt es einen neuen Rekord: "Darf ich Ihnen mal meine Meinung zu Guttenberg sagen", sagte die Anruferin und legte los - vier Minuten und 21 Sekunden später hörte sie auf; ich habe kein Wort gesagt, sie nicht einmal unterbrochen. Und wer das nicht zu schätzen weiß, der möge ganz spontan mal loslegen und über diese Zeitspanne hinweg nur zu einem Thema etwas sagen. Ihren Monolog beendet hat die Anruferin übrigens mit den Worten "jetzt geht's mir besser". Was ich vermutlich nicht erwähnen muss, der Standpunkt der Leserin: Der Freiherr ist ein toller Typ und der fähigste Politiker, den Deutschland seit langem gehabt hat.

Die zweite Besonderheit heute: "Ich könnte Sie umarmen, ich könnte Sie küssen, Sie machen mich glücklich", sagte eine Leserin zum Abschluss unseres Gesprächs; es war das zweite mit ihr an diesem Vormittag. Und sie hat sich auch an meine aktuelle Kolumne auf der Seite "Leserforum" erinnert, denn sie fügte noch hinzu: "Sie vollbringen wirklich Wunder, jetzt glaube ich es auch." Das stimmt natürlich nicht wirklich, denn nur dies habe ich für die Anruferin getan: Noch ein Exemplar dieses einen ganz bestimmten Buches (jetzt aber tatsächlich das allerletzte) aus dem Angebot der "Freien Presse" vermutlich im letzten noch möglichen Winkel des Verlagshauses mit Hilfe einer ebenso charmanten wie netten Kollegin entdeckt und der Leserin versprochen: "Das kriegen Sie, wir schicken es Ihnen zu."

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