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Fangfrage: Das ist doch falsch, oder wie sehen Sie das?

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Bei meinem Gesprächen am Telefon kommt es häufig vor, dass Leser mich mit Fangfragen aufs Glatteis locken wollen, damit ich darauf ausrutsche und sie mir auf diese Weise klar machen können, dass es schon eine erstaunliche Leistung war, ihn überhaupt zu entdecken. Heute haben es gleich zwei Anruferinnen versucht.

"Ich lese Ihnen jetzt einen Satz vor, und Sie sagen mir, was daran falsch ist", schlugt eine Anruferin vor, und ich erwiderte: "Abgemacht." Die Leserin sagte: "Innerhalb der Bauzeit von fast einem Jahr ist die Schule komplett neu renoviert worden." Wenn die Anruferin mich hätte sehen können (Einschub: Hoffentlich kommt in den nächsten 14 Jahren niemand auf die Idee, den Leser-Obmann mit einer Webcam auszurüsten), wäre ihr aufgefallen, dass ich verschämt meinen Kopf neigte und die rechte Hand vor meine Augen hielt, denn mir war klar: "Sie haben natürlich vollkommen Recht, dass man nicht alt renovieren kann und dass dieses Wort von seinem Stamm her gesehen schon das Erneuern enthält. Ich werde den Kollegen, der den Text geschrieben hat, gleich auf seinen Fehler hinweisen." Die Frau am anderen Ende lächelte, ich konnte es praktisch hören, und sie erwiderte: "Das müssen Sie gar nicht, weil ich mir diesen Satz gerade ausgedacht habe; ähnlich aber habe ich ihn schon in der Zeitung gelesen. Mit geht es um etwas anderes. Darf ich Ihnen jetzt tatsächlich etwas von Ihrer heutigen ersten Seite vorlesen?" Natürlich stimmte ich zu und hörte dann die Überschrift des Aufmachers: "In Japan droht der Super-Gau - Merkel legt alte Atommeiler still." Ich ahnte nicht, was kommen sollte, die Anruferin ließ mich aber nicht lange zappeln: "Gau steht doch für Größter Anzunehmender Unfall, und einen Superlativ kann man nicht steigern, größer als größter geht eben nicht, auch mit super funktioniert das nicht. Richten Sie das ihren Kollegen bitte aus." Das versprach ich, tat es sogleich und war erstaunt: Es gibt tatsächlich einen Unterschied. Und zwar im Ausmaß an Schäden und Folgen für die Umwelt und die Menschen. Bei einem Gau passiert technisch gesehen der Unfall, bei einem Super-Gau wird Radioaktivität mit katastrophalen Auswirkungen freigesetzt. Es gab noch einen zweiten Anruf dazu, diesem Leser habe ich den Sachverhalt genau erklären können.

Die zweite Fangfrage: "Was glauben Sie, wie viel Geld Sie im Durchschnitt täglich für Lebensmittel ausgeben?" Spontan fiel mir zunächst ein, dass ich gerade einmal eine Stunde zuvor etwa zehn Euro beim Bio-Bäcker bezahlt hatte, doch das sagte ich natürlich nicht, sondern fragte zurück: "Warum wollen Sie das wissen?" Die Anruferin hatte ein Einsehen: "Dann stelle ich die Frage anders: Glauben Sie, dass Sie mit weniger als zehn Euro für Nahrungsmittel, Getränke und Tabak auskommen?" Zunächst stellte ich klar: "Ich rauche nicht." Dann überlegte ich kurz, überschlug meine Ausgaben für den wöchentlichen Großeinkauf und sagte: "Ganz bestimmt nicht." Die Anruferin lachte, diesmal tatsächlich hörbar laut: "Sehen Sie, also kann das doch nicht stimmen, was Sie da gestern in der Zeitung geschrieben haben." Ich suchte im Computer und fand schnell den Artikel "Wohnen, Tanken, Essen" auf der ersten Seite der "Freien Presse". Dort lass ich tatsächlich diese Zahl, sie erschien mir gleichfalls zu niedrig, weshalb ich sagte: "Ich frage den Kollegen, und wenn das falsch ist, werden wir es berichtigen." Doch der Kollege verwies mich auf die Seite des Statistischen Landesamtes im Internet und siehe da: Die Zahl stimmt. Dreimal habe ich heute noch den Test gemacht, dreimal sah ich dabei in die erstaunt fragenden Augen eines Redakteurs: "Weniger als zehn Euro am Tag?"

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