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Kleiner Tipp bei großem Ärger: Don't worry, be happy

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"Da kommt mir glatt die Galle hoch, als ich am Samstag die Zeitung gelesen habe, das ist doch zum aus der Haut fahren, ich halte das manchmal einfach nicht mehr aus", sagte mir ein Leser heute zu Beginn unseres Gesprächs am Telefon. Ganz unter uns: Ich liebe diese Art der Begrüßung, ich habe ihr die Bezeichnung "Don't-worry-Eröffnung" gegeben. Denn bei einem solchen Ausmaß an angestautem Ärger entwickele ich einen besonderen Ehrgeiz: Zum Ende der Unterhaltung soll der Anrufer guter Dinge sein; zum einen weil sein Unmut längst nicht mehr so groß ist, denn die Sache ist eigentlich viel zu wenig wichtig, als das man sich darüber groß aufregt; zum anderen weil er sich gehörig Luft verschaffen konnte, denn es hat ihm jemand zugehört und ist ihm nicht ins Wort gefallen.

Bei diesem Anrufer ist es mir gelungen.

"Es geht mir um einen englischen Begriff, für den es bestimmt eine deutsche Übersetzung gibt, und ich kann diese Anglizismen nicht ausstehen, ich hasse sie regelrecht; vor allem wenn sie meiner Meinung nach auch noch so abgehoben daher kommen", formulierte er seinen Ärger, bevor er es auf den Punkt brachte: "Shared space" verstehe er nicht, ohne im Englisch-Lexikon nachzuschauen; und als er sich endlich der übersetzten Bedeutung versichert habe, sei ihm erst recht der Kragen geplatzt, weil die wörtliche Übersetzung ihn nicht weitergebracht habe und er extra ins Internet musste. Dort hatte ich bereits nachgeschaut und die Bedeutung für diese besondere Art der Verkehrsführung gefunden (bei Wikipedia): "Charakteristisch ist dabei das Fehlen von Verkehrszeichen, Signalanlagen und Fahrbahnmarkierungen und die Gleichberechtigung der Verkehrsteilnehmer, während unter anderem die Vorfahrtsregel weiterhin Gültigkeit besitzt."

Der Leser und ich - wir haben uns lange unterhalten; über die deutsche Sprache und den Einfluss  von Anglizismen, auch über Fremdwörter und Fachausdrücke. Wir haben außerdem nach einer Möglichkeit gesucht, "Shared Space" durch eine deutsche Bezeichnung zu ersetzen; "geteilter Raum" und "gemeinsamer Raum" hat uns aber nicht wirklich gefallen, "Raum für alle" erschien uns auch nicht hundertprozentig passend. Wir haben sogar über die Vorteile dieser Art der Verkehrsführung gesprochen, auch über die Nachteile und den Sinn solcher Aktionen. Zuletzt hat er mir noch gesagt, wie er zu der deutschen Atompolitik steht.

Nach etwa zehn Minuten hat der Leser sich bedankt, war guter Dinge und hat mir fest versprochen, mich wieder anzurufen, bevor ihm die Galle hoch kommt, weil er etwas in der "Freien Presse" gelesen hat, was ihm nicht gefällt. Ich hatte mein Ziel erreicht: Es war ein "Be-happy-Schluss". (Noch eine Bemerkung: Hier mag ich nicht auf das Englische verzichten, weil ich den Song von Bobby McFerrin einfach ganz wunderbar finde.)

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