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Das wäre doch mal einen Song wert: "Born in ..."
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Dieses Gespräch begann mit einer Information: "Ich bin in Karl-Marx-Stadt geboren", sagte die Anruferin. Gleich ging bei mir die Warnlampe "Achtung Falle" an, weil ich weiß: Einfach nur so erreicht mich diese Mitteilung wohl nicht; also versuchte ich zunächst einmal, Zeit zu gewinnen: "Dann sind sie auf jeden Fall älter, als ihre Stimme klingt", flötete ich zurück, weil Komplimente (das weiß ich aus Erfahrung) immer ein gutes Mittel sind, um einem drohenden "Hinterhalt" mit einem Ablenkungsmanöver etwas entgegen zu setzen. Die Strategie war erfolgreich: "Sie Schmeichler, Sie ..." sagte die Anruferin und fügte hinzu: "Aber ich bleibe dabei: Ich bin in Karl-Marx-Stadt geboren."
Mittlerweile kam mir ein Verdacht, um was es der Leserin gehen könnte: "Dann sind Sie also keine Chemnitzerin?", fragte ich deshalb, und ihre Antwort bestätigte meine Vermutung: "Das ist so auch nicht richtig, ich sage Ihnen mal, was ich bin: Eine in Karl-Marx-Stadt geborene Chemnitzerin." Nach einer kurzen Pause erklärte sie mir weiter: "Aber ich stehe zu meinen Wurzeln, und ich würde mich freuen, wenn das auch meine Zeitung tut." Womit wir bei dem eigentlichen Thema waren, weswegen sie mich angerufen hatte. Die Leserin zitierte nämlich aus dem Bericht "Zwischen Tisch und Etagenbett" (Lokalausgabe Chemnitz), in dem es um die Ausstellung "175 Jahre TU Chemnitz" ging: "So sahen Wohnheimzimmer in Chemnitz 1968 aus", lautete der Satz in dem Artikel. Und die Leserin brauchte mich nicht zu fragen, ich bekannte: "Und vor 43 Jahren gab es kein Chemnitz, sondern nur Karl-Marx-Stadt."
Die Leserin war zufrieden, ich habe dieses Problem in der Konferenz angesprochen, alle waren sich einig: Ein Hinweis darauf, dass Chemnitz im Jahre 1968 Karl-Marx-Stadt hieß, wäre an dieser Stelle richtig gewesen. Nach der Sitzung hat mich dieses Problem aber noch weiter beschäftigt, weil ich mir selbst die Frage gestellt habe: Ist diese Leserin eher die Ausnahme, weil sie so denkt, so fühlt, so mit der Geschichte umgeht? Also bin ich losgezogen, durch die Redaktionsräume gegangen und habe drei Kollegen, von denen ich wusste, dass sie in dieser Stadt das Licht der Welt erblickt haben, unvermittelt und ohne Vorwarnung gefragt: "Wo ist du geboren?" Dreimal erhielt ich diese Antwort: "In Karl-Marx-Stadt." Das hat mich überzeugt; ich habe großen Respekt vor diesem Bekenntnis; ich finde das klasse.
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