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Training heute: Da stimmt "ä Mü" was nicht

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Die manchmal drastische Ausdrucksweise von Lesern am Telefon, wenn sie sich beschweren wollen, war für mich zu Beginn meiner Arbeit als Leser-Obmann ein Problem; daraus will ich jetzt, da ich es überwunden habe, kein Geheimnis mehr machen. Denn ich übe mich in solchen Situationen in dem, was mir ohnehin wichtig ist: Gelassenheit, möglichst heiter. Also ist das dann Training für mich; einfach, aber effektiv. So wie vor ein paar Stunden:

"Die Zeitung von heute ist unter aller Sau", sagte mir der Anrufer, seinen Namen hatte er mir genannt, mit dem Zusatz "Abonnent". Zoologisch gesehen blieb er sich dann treu: "Das kann doch kein Schwein mehr lesen", führte er weiter an und wies mich mit Nachdruck darauf hin, dass er schließlich für die 'Freie Presse' auch Geld bezahlt. Zwei Dinge laufen in solchen Momenten bei mir gleichzeitig ab, diese Fähigkeit  ist auch ein Ergebnis von viel Übung: Während ich freundlich nachfrage, was denn genau den Unmut des Lesers auf sich gezogen hat, überlege ich gleichzeitig, ob in der aktuellen Ausgabe über ein Thema berichtet wird, dass von vornherein prädestiniert ist, auf großen Widerspruch zu stoßen. Diesmal ging mein Rezept nicht auf: Meine Freundlichkeit sorgte nicht für Entspannung, und von den Aufmachern auf den Seiten war mir keiner aufgefallen, der darauf angelegt gewesen wäre, einen solchen Gefühlsausbruch zu provozieren; der Papst auf der Seite Zeitgeschehen war diesmal auch ohne Konfliktpotenzial. Der Leser folgte meinen Vorschlag und nannte ein Beispiel: "Schlagen Sie doch mal den Lokalteil auf, dann werden Sie schon sehen was ich meine; mit Qualität hat das garantiert nichts mehr zu tun."

Und endlich, nachdem ich mit dem Aufrufen der Seiten auf den Monitor meines Computer den völlig falschen Weg eingeschlagen hatte, weil sich das als sinnlos erwies, sagte der Anrufer dann den alles entscheidenden Satz, der die Wende in dem Gespräch brachte: "Das Schriftbild ist doch total verwaschen, die Buchstaben kann man doch kaum lesen, als wäre da etwas verrutscht." Zuerst fragte ich den Anrufer, ob das schon häufiger passiert sei; das verneinte er. Dann wollte ich von ihm wissen, ob ich ihm vielleicht eine Ersatzzeitung zukommen lassen soll; das wollte er aber auch nicht. Dann habe ich ihm versichert, dass ich den Kollegen an den Druckmaschinen ausrichten werde, dass da etwas nicht ganz gestimmt hat; das hat ihn etwas beruhigt. Zuletzt habe ich ihn gebeten, wieder anzurufen, sollte sich das leicht unscharfe Schriftbild (ich habe in diesem Moment wie von selbst und ohne zu wissen, was da in meinem Sprachzentrum ablief, die Formulierung "ä Mü" benutzt) noch einmal wiederholen. "Kein Problem, das mache ich", sagte der Anrufer und schloss das Gespräch ab mit: "Ich sage immer, wenn mich was stört, ich kann nicht anders."

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