Blog "Leser-Obmann": Auch wenn die Leitung noch so lang ist ...

"Wir haben es immer gewusst, und jetzt liefern Sie uns den Beweis. Und die Welt ist nicht mehr die gleiche wie gestern, denn endlich erfährt die Menschheit, dass eines der größten Probleme längst gelöst ist, wir müssen uns keine Sorgen mehr machen, wir können ruhig schlafen, unsere Kinder und Enkelkinder gehen einer sorgenfreien Zukunft entgegen", sagte mir heute ein Leser am Telefon zu Beginn des Gesprächs. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich nicht die Spur einer Ahnung, um was es dem Anrufer ging; meine Vermutung ging in die Richtung, dass es sich um einen weltanschaulichen Diskurs drehen könnte; ein weiteres Gespräch über Gott, Kirche und Glauben, der Kirchentag ist noch gut in Erinnerung. Doch damit lag ich völlig falsch:

"Jetzt geht es nur noch um die Frage, wie wir zu weiteren Informationen kommen. Und deshalb rufe ich Sie jetzt an, Sie müssen uns helfen, Sie können uns mit der nackten Tatsache nicht alleine lassen", erklärte der Mann am Telefon weiter sein Anliegen; ich wusste immer noch nicht, was er von mir wollte. Also sagte ich, ruhig und gelassen, mir keiner Schwäche angesichts des fehlenden Verständnisses bewusst: "Würden Sie mir bitte sagen, um welchen Artikel es geht und wie ich Ihnen helfen kann."

"Da fragen Sie noch? Das wundert mich jetzt aber doch, die Sensation ist doch offensichtlich, sonst hätten Sie doch wohl nicht auf der ersten Seite darüber berichtet, ich meine die Ausgabe von heute", folgte der Anrufer meiner Bitte und fügte hinzu: "Ganz unten der Artikel." Also griff ich zur Zeitung, legte die Titelseite in voller Größe auf den Schreibtisch und las: "Sonne außer Kontrolle - Eruption könnte in wenigen Tagen Funknetze und Stromversorgung stören." Noch immer wartete ich auf eine Eingebung, um zu erkennen, was der Leser von mir wollte. Langsam wurde ich aber doch etwas ungeduldig, aber ich hatte mich im Griff. "Das ist zwar ein außergewöhnlich seltenes Ereignis, sonst würden wir darüber auch nicht berichten, aber ..." Ich kam nicht weiter mit diesem Satz, denn der Mann am Telefon fiel mir ins Wort. Aber ich konnte zunächst nichts von dem verstehen, was er mir sagen wollte, weil er mit aller Gewalt sein Lachen unterdrücken musste; es gelang ihm mehr recht als schlecht. Schließlich kam am anderen Ende ein ganzer Satz zustande: "Wenn die Sonne außer Kontrolle ist, bedeutet das, dass sie sonst unter Kontrolle ist, was zur Folge hat, dass jemand in der Lage ist, vermutlich über das Internet, sie zu steuern und ihre Energie uneingeschränkt und nach Bedarf nutzen kann. Oder wie sehen Sie das?"

Drei Leser haben mich heute wegen dieser Überschrift angerufen, zwei Mails sind deswegen bei mir eingegangen. Zwei Dinge haben mir zu denken gegeben: Erstens, dass ich bei dem ersten Anruf eine ziemlich lange Leitung hatte, und zweitens, dass ich beim ersten Lesen des Artikels wirklich über viele Dinge in Zusammenhang mit der Sonne nachgedacht habe, aber nicht über die Möglichkeit, dass sie tatsächlich nicht außer Kontrolle geraten kann. Sorgen mache ich mir deswegen aber nicht wirklich.

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