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Ihrer internationalen Kundschaft dient sich die russische Sberbank im Internet mit einem Slogan an, der schnell Vertrauen zu schaffen vermag: "By your side" (An Ihrer Seite) heißt es auf der englischsprachigen Webseite des Unternehmens. Es klingt ein wenig schnulzig, so dass sich auf den ersten Blick gar nicht erschließt, wie doppeldeutig die Botschaft ist. Denn leider ist die Sberbank ihren Kunden näher, als die jemals für möglich halten werden.

Das liegt daran, dass Russlands größtes Geldhaus derzeit eine neue Generation von Bankautomaten testet, die der KGB geliebt hätte, wie die New York Times unlängst frotzelte. Denn bei den Geräten handelt es sich um nicht weniger als Lügendetektoren. Wer bei der Sberbank als Nicht-Kunde eine Kreditkarte beantragen will, muss sich in Zukunft wohl einer Prozedur unterziehen, die genauso gut im Geheimdienst-Hauptquartier Lubjanka über die Bühne gehen könnte. Der Automat scannt nicht nur den Pass, nimmt Fingerabdrücke und erstellt ein dreidimensionales Porträtfoto. Nein, er kommt auch mit einem Sprachanalyseprogramm daher, das helfen soll, potenzielle Kreditkartenbetrüger zu ermitteln.

Die Software nutzt Stimmmuster in Aufnahmen aus Polizeiverhören, in denen die Verhörten gelogen haben und registriert Nervosität und emotionalen Stress bei potenziellen Bankkunden, die sich verstellen, wenn der Automat sie danach fragt, ob sie Arbeit haben und ob sie anderswo Darlehen abzahlen. Entwickelt wurde das Programm vom Zentrum für Sprachtechnologie, zu dessen wichtigsten Kunden bezeichnenderweise der russische Inlandsgeheimdienst FSB gehört.

Rechtliche Bedenken hegt die Sberbank nicht. Während ein solches Anmeldeverfahren in hiesigen Breiten anmutet, als stünde man vor dem Offenbarungseid, sieht das Kreditinstitut sein Vorgehen völlig in Übereinstimmung mit dem russischen Datenschutz. Das Unternehmen wäre somit das erste Geldhaus weltweit, das Automaten mit Sprachanalyse einsetzt, wenn die Testphase erfolgreich verläuft. Und man kann sich schon lebhaft vorstellen, wie Sondereinsatzkommandos künftig in russischen Einkaufspassagen und Bankenvierteln binnen Sekunden über potenzielle Kreditkarten-Kunden herfallen, sobald der Automat einen Antragsteller als Betrüger enttarnt hat. Zuvor aber wird mit Sicherheit noch eine Warnung auf dem Bildschirm erscheinen: Nu pagadi!

Von Ronny Strobel

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