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Kaum zu glauben: Der Weltmeister raste in die Leitplanke

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Journalisten und Redakteure sind keine "Schreiberlinge". Wenn dieses Wort in den Gesprächen mit Lesern fällt (besonders beliebt in der Formulierung "Sie sind doch auch einer von diesen ..."), reagiere ich grundsätzlich mit Humor auf diese Bezeichnung und versuche mit lockeren Sprüchen (in der Art wie "mehr als 300 Anschläge in der Minute sind tatsächlich nicht schlecht") meinen aufkommenden Unmut unter Kontrolle zu halten. (Nicht weniger kenne ich dieses Phänomen beispielsweise auch, wenn ich der Gitarre schöne Töne entlocke und der Zuhörer meint "nett  geklimpert".) Deshalb habe ich für gewöhnlich größtes Verständnis dafür, wenn mich Leser anrufen, weil sie mit einem in der "Freie Presse" geschriebenen Wort ihren Beruf oder ihr Hobby verunglimpft sehen. Jäger beispielsweise haben mich in der Vergangenheit deswegen schon häufiger angerufen, auch Feuerwehrleute und Angestellte der Deutschen Bahn AG. Und heute ein ehemaliger Rennfahrer und ambitionierter Fan des Motorsports:

"Wie dumm sind ihre Artikelschreiber eigentlich, wenn sie Rennfahrer als Raser bezeichnen. Im Rennsport wird nicht gerast, immer nur mit Höchstgeschwindigkeit gefahren. Raser gibt es nur auf Landstraßen und Autobahnen, die meistens deswegen auch noch Unfälle verursachen. Schumacher, Vettel und Rossi sind doch keine Raser. Sie schreiben doch auch nicht, dass am Wochenende auf dem Sachsenring wieder die Raserei losgeht." Ich habe den Anrufer, weil ich Zeit gewinnen wollte, um mir eine Meinung zu bilden, noch gebeten, mir Beispiele zu nennen, wenn er denn welche hat. Damit konnte er dienen, die Zeitungsausschnitte lagen vermutlich vor ihm auf dem Tisch: "Freiberger rast in die Punkte" zitierte er eine Überschrift, eine andere lautete "Oederaner rast aufs Podest".

Mir hatte die Zeit gereicht, ich war mir meiner Meinung sicher und sagte: "Rasen ist für mich lediglich ein anderes Wort für schnelles Fahren und von meinem Sprachgefühl her keinesfalls diskreditierend gemeint, und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass die Kollegen im Sport das anders sehen." Ich machte eine kurze Pause, dann sprach ich weiter, weil mir gerade ein Beispiel eingefallen war (an die Überschrift konnte ich mich tatsächlich erinnern): "Schumacher raste in die Leitplanke", sagte ich dem Anrufer; was zweifelsohne für ihn kein Gegenargument war, denn er beharrte auf seinem Standpunkt, dass Rennfahrer niemals rasen. Mit meinem Vorschlag war er dann aber zumindest vorerst zufrieden: "Ich werde die Kollegen in der Redaktion über ihre Kritik informieren." Der letzte Satz des Anrufers begann mit den Worten "aber wenn ich noch einmal lese, dass ...".

Nachdem ich den Hörer aufgelegt hatte und mich unmittelbar danach noch mit einem anderen Leser über den Sinn einer Baustelle in Chemnitz unterhalten hatte, kamen mir dann doch noch einmal Zweifel. War ich vielleicht doch zu schnell gewesen mit meiner Einschätzung? Also gab ich die Wortkombination "Vettel raste" in die Suchmaschine ein. Das Ergebnis hat mich beruhigt, auch Weltmeister rasen, nicht nur in der "Freien Presse". Die Ergebnisse bei "rasende Radfahrer" haben mich dann noch einmal etwas irritiert, aber das ist ein ganz anderes Thema.

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