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Dann ist eben Schweigen meine Antwort

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Bei den Unterhaltungen mit Lesern am Telefon streite ich mich so gut wie nie; meine Geduld beim Zuhören ist lang, und wenn ich feststelle, dass diese Meinung das Anrufers zum Widerspruch geradezu auffordert, horche ich in mich hinein, ob meine innere Stimme mir sagt, dass es sinnvoll ist, diese gegensätzliche Ansicht auch offen auszusprechen (was bei weitem nicht immer der Fall ist) und eine Diskussion anzufangen. Und wenn ich das Signal "lieber nicht" registriere, schweige ich einfach und bedanke mich dafür, dass der Leser angerufen hat. Heute war es mal wieder soweit:

"Wenn ich das lese, wird mir schlecht, es bereitet mir tatsächlich Unbehagen und fast körperliches Unwohlsein", sagte der Mann am Telefon. Nun könnte ich die Spannung weiter auf die Spitze treiben und noch lange nicht aufklären, was dem Anrufer so gegen den Strich ging. Der Bericht über die Renten? Der Artikel über die Weiterbildung des sächsischen Regierungssprechers? Die Kommentierung der Schuldenkrise in den Euro-Ländern? Oder doch wieder einmal das "Leute heute" auf der Seite "Aus aller Welt"? Nein, ich mache es kurz und schmerzlos: "Es geht mir um das Gedicht der Woche auf der Kulturseite", erklärte mir der Anrufer sein Anliegen. Und in der Liste der Formulierungen seines Unmuts war "wollen Sie mich für dumm verkaufen" noch eine der charmanteren Umschreibungen. Aber ich habe es trotzdem gewagt, eine Frage zu stellen: "Sie meinen also, dass Sie tatsächlich eine körperliche Reaktion feststellen, wenn Sie solche Verse lesen?" Der Anrufer hat mir geantwortet, aber diese Beschreibung dessen, was mit ihm passiert, wenn er solche Gedichte liest, wiederhole ich jetzt nicht; nein, wirklich nicht; ich will nicht.

Also habe ich geschwiegen, nur ganz zum Schluss habe ich den Leser noch gefragt, ob er mir ein "Gedicht der Woche" als Beispiel nennen kann; er konnte, er hat es mir sogar (offensichtlich ausgeschnitten) vorgelesen. Ich möchte das Thema jetzt damit beenden. Dies war das Gedicht, das ich in meinem Kopfhörer hörte:

Da sein

von Anton G. Leitner:

Wenn du schon
Weg bist, bin ich

Noch da. Wenn
Ich noch da bin

Bist du bei
Dir bin ich

Ich bist du
Du bei mir

Sind wir
Weg.

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