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Jeden Tag (außer am Wochenende) schreibe ich hier über das, was ich zwischen 10 und 12 Uhr bei meinen Gesprächen mit Lesern erlebe; über was wir uns unterhalten haben, um welches Anliegen ich mich kümmern soll. An manchen Tagen gibt es nicht wirklich ein interessantes, vielleicht sogar aufregendes Thema. Aber mein kurzes Protokoll der Anrufe (natürlich ganz inoffiziell, Anfragen wegen "dürfte ich mal" sind zwecklos) hat manchmal durchaus einen Informationswert. Heute war so ein Tag, in der Mittagspause habe ich mir eine Tafel meiner Lieblingsschokolade gekauft.

10.01 Uhr (sieben Leser hatten es schon laut Liste des Telefon ab 8 Uhr bei mir versucht): "Ich habe da im Fernsehen einen Beitrag über einen Findlingspark irgendwo in Sachsen gesehen, da will ich hin, können Sie mir sagen, wo das ist?" fragte mich eine Anruferin. "Einen Augenblick bitte, ich verbinde", sagte ich, wählte die Nummer des für Reisen zuständigen Kollegen im Ressort Ratgeber, vergewisserte mich, dass er die Antwort weiß und legte auf. (Der Park liegt im ostsächsischen Nochten, Landkreis Görlitz.)

10.04 Uhr: "Bei dem Beitrag über die Wölfe heute bei Ihnen in der Zeitung stimmt wohl etwas mit einer Zahl nicht. Kann es sein, dass ein Wolf im Jahr bis 550 Rehe und andere Wildtiere frisst?", fragte mich ein Leserin. Den Artikel hatte ich gelesen, die Informationen am Rande noch nicht, also suchte ich die Zeit, fand die Stelle und sagte: "Das sind tatsächlich viele Rehe für einen Wolf. Ich kümmere mich, wenn es falsch ist, berichtigen wir das, oder ich rufe Sie wieder an."

10.11 Uhr: "Wissen Sie was ein toter Briefkasten ist?" fragte der nächste Anrufer. Diesen Witz kannte ich bereits, weshalb ich antwortete: "Sie haben heute keine Zeitung bekommen, das tut mir außerordentlich leid. Ich verbinde Sie mit der Servicemitarbeiterin."

10.20 Uhr: "Ich habe hier eine Leserin am Telefon, die hat eine Frage zur Zeitgeschehen von heute", sagte der Kollege aus der Lokalredaktion, der dort an diesem Tag am Lesertelefon saß, und fügte hinzu: "Ich lege mal auf." Die Frau am anderen Ende der Leitung wollte von mir wissen, ob der Wolf die mehr als 500 Rehe jährlich nur reißt oder ob er sie auch frisst.

10.39 Uhr: "Astrid Weber singt ab morgen in Bayreuth die Elisabeth", teilte mir die nächste Anruferin mit. Das war einer dieser Momente, in denen ich wirklich froh bin, dass es hier um ein Thema geht, bei dem ich mich gut auskenne. Die Reihenfolge meiner Gedanken: Astrid Weber ist eine Sängerin, das Chemnitzer Opernpublikum kennt Sie unter anderem aus "Tannhäuser" und "Die Rose vom Liebesgarten", in Bayreuth finden gerade die Wagner-Festpiele statt. Also traf ich mit meiner Antwort ins Schwarze: "Dann ist da wohl jemand krank geworden, und sie muss einspringen." Die Anruferin war entzückt und erwiderte: "Das stimmt, eine kleine Meldung wäre das doch wert, oder nicht?"

10.53 Uhr: "Ich rufe wegen des Artikels 'Auf Kuschelkurs mit Isegrim' an und habe da mal eine Frage", sagte mir eine "schon ältere" Frau, die sich vorgestellte hatte mit ergänzenden Hinweis: "Ich lese die Zeitung jeden Tag von vorne bis hinten, nur den Sportteil nicht." Ich habe versprochen, mich darum zu kümmern und zu klären, ob ein Wolf bis zu 550 Rehe und andere Wildtiere jährlich frisst.

11.02 Uhr: "Sind Sie der, der alles weiß?" fragte die Anruferin, musste aber selbst lachen, bevor sie weitersprach (ich hatte nicht geantwortet): "Heute steht etwas über eine Textilgestalterin in der Zeitung, ich möchte gerne mit ihr Kontakt aufnehmen." Die Schritte bis zu Lösung des Problems: Welche Ausgabe? Welche Seite? Welcher Text? Ich kümmere mich. Ich rufe die Lokalredaktion an. Ich bekomme die Nummer des Fotografen, ich rufe ihn an. Der Kollege gibt mir die Nummer der Gaststätte, in der die Veranstaltung stattgefunden hat. Ich rufe die Gaststätte an und bekomme die Nummer der Textilgestalterin. Ich rufe die Künstlerin an und frage, ob ich den Kontakt herstellen darf. Ich rufe die Leserin an. Problem gelöst.

11.14 Uhr (Mail vom Servicecenter: Bitte diese Leserin wegen "Auf Kuschelkurs mit Isegrim" anrufen.): Ich rufe an und verspreche zu klären, ob die Zahl stimmen kann.

11.33 Uhr: "Ich lese gerade eine Anzeige, in der einer älteren Dame zum Geburtstag gratuliert wird, von den Kindern und Enkelkindern", teilte mir die nächste Anruferin mit. Ich unterbrach sie nicht, ich ließ sie weitersprechen. "Und dort steht: Schön das es dich gibt", ergänzt die Leserin und formuliert dabei so genau, dass man das fehlende Komma und das fehlende "s" fast hört. Mit diesem Hinweis beendet sie das Gespräch: "Würden Sie bitte Ihren Schriftsetzern ausrichten, dass ich angerufen und auf den Fehler aufmerksam gemacht habe."

11.51 Uhr: "Ich habe Ihnen einen Leserbrief geschickt und wollte nur mal fragen, ob er angekommen ist", sagte ein Anrufer. Meine Antwort, nachdem ich das Schreiben gefunden hatte: "Auf die Post ist Verlass." "Das war's schon, vielen Dank", hörte ich im Kopfhörer.

11.55 Uhr: Im elften und letzten Gespräch heute ging es noch einmal um Wölfe. Die Kurzfassung: "Bitte überprüfen Sie diese Zahl doch mal", sagte der Leser.

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