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Manchmal muss man sich etwas Mühe geben
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Der Ton war selbstbewusst, die Stimme klang energisch: "Zeit meines Lebens habe ich mir den Mut bewahrt, anders zu sein", sagte die Frau am Telefon und fügte hinzu: "Deshalb habe ich jetzt auch überhaupt kein Problem, Sie anzurufen und meiner Zeitung ein paar Fragen zu stellen." Weil ich gewohnt bin, die "Zeitung" zu sein, und weil es mir gefällt, wenn man sich ein paar Eigenarten bewahrt, die einen nicht mit dem Strom schwimmen lassen, gab ich mich gleichfalls selbstsicher und erwiderte: "Anders sein - damit kenne ich mich aus, ich bin Ihr Mann, dann schießen Sie mal los." Was wiederum diese Reaktion auslöste: "Nun mal nicht so schnell mit den jungen Pferden, ich bin in einem Alter, in dem sich Zeit lassen kann." Auch das fand ich gut, schwieg aber lieber. Von den Dingen, die sie gerne an der Zeitung verändern würde, möchte ich zwei nennen:
Zum einen würde sie es sich wünschen, wenn im Serviceteil die wichtigsten Notrufnummern nicht nur sporadisch, sondern jeden Tag erscheinen würden, weil Menschen immer ganz plötzlich in Not geraten können und dann ganz schnell Hilfe brauchen. Als Beispiel, an dem ihr besonders viel liegen würde, nannte sie mir die Telefonseelsorge. Zum anderen wäre es doch eine gute Idee, wenn die "Freie Presse" nicht nur täglich das Fernsehprogramm drucken, sondern auch die Sendungen der wichtigsten Radiosender veröffentlichen würde. Als Beispiel nannte sie den Deutschlandfunk. Meine nächste Frage war eine suggestive, weil ich die Antwort kannte: "Sie haben bestimmt kein Internet, oder?" Die Antwort (wortwörtlich): "Gott bewahre, das kommt mir nicht ins Haus."
Womit ich bei dem Thema bin, um das es mir eigentlich geht und über das ich mit der Leserin noch minutenlang geredet habe: Wenn man sich das Recht eingesteht, anders zu sein, dann muss man damit leben, dass das auch Nachteile haben kann bei den Dingen, die einem vielleicht doch wichtig sind und auf die man nur ungerne verzichtet. Das hat die Frau am anderen Ende der Leitung noch verstanden, meinen zweiten Einwurf allerdings weniger: "Vor allem sollte man darauf verzichten, sich zu beschweren und die Dinge verändern zu wollen, nur damit sie einem das 'anders sein' etwas erträglicher machen", sagte ich und ergänzte dies: "So jedenfalls lebe ich." Zuerst wusste die Anruferin nicht, was ich meinte und bat um ein Beispiel. Dies habe ich ihr genannt: Wenn ich als Vegetarier auf eine Party eingeladen werde, rufe ich nicht vorher an und sage, dass ich kein Fleisch esse, sondern ich nehme in Kauf, dass ich mich entweder an den Beilagen satt essen darf oder dass ich hungrig den Abend verbringe.
"Ich verstehe, was Sie meinen", sagte die Anruferin und fragte: "Aber was wollen Sie mir damit jetzt sagen?" Damit war ich an dem Punkt, den ich erreichen wollte: "Wenn ich mich entschieden habe, ohne Internet zu leben, weil ich es grundsätzlich ablehne, dann muss ich die Konsequenzen ziehen und mich darum kümmern, dass ich die Informationen, die ich brauche, anders bekomme. Notrufnummern beispielsweise kann ich sammeln, aufschreiben, aus der Zeitung ausschneiden und so bereitlegen, dass ich sie immer schnell zur Hand habe. Bei den Radioprogrammen ist es beispielsweise so, dass viele öffentlich-rechtliche Sender ihr Angebot verschicken, wenn man es anfordert; einige sogar kostenlos, beispielsweise der Deutschlandfunk." Die Anruferin schwieg, und ich spürte die Versuchung, ihr noch etwas von wenig Platz in der Zeitung zu erzählen und dass er niemals ausreicht, um allen Leser ausreichend viel von dem zu bieten, was sie besonders gerne lesen; aber ich habe dieser Versuchung widerstanden und auch nichts weiter gesagt. Schließlich sprach die Frau weiter:
"Sie meinen also, ich sollte Ihre Zeitung so nehmen, wie sie ist, und mich darüber freuen, was sie mir alles bietet, und mich um das wenige, was mir fehlt, vielleicht auf einem anderen Wege kümmern?" Meine Strategie war aufgegangen: "Genau das wollte ich zum Ausdruck bringen." Die Anruferin machte erneut eine kurze Pause, bevor sie mich fragte: "Dann hätte ich Sie also gar nicht anrufen sollen?" Jetzt war ich kurz verwirrt und sagte: "Nein, um Himmelswillen, das wollte ich damit nicht sagen, wir haben uns doch prächtig unterhalten." Die Leserin sagte dazu: "Jetzt bin ich verwirrt." Aber wir haben die Sache dann noch geklärt, sie wird mich auch mal wieder anrufen, um mit mir über die wichtigen Dinge des Lebens zu reden.
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