Blog "Leser-Obmann": Was in den Sternen steht, oder auch nicht

Eigentlich habe ich auf dieses Thema schon lange gewartet, weshalb ich mich in Gedanken auch intensiv darauf vorbereitet hatte, weil ich ebenso sachlich fundiert wie geistreich antworten wollte, wenn es soweit ist. Aber niemand hat mich deswegen angerufen, bis heute um 10.53 Uhr:

"Ich würde gerne mal mit Ihnen über das Horoskop in der Zeitung reden", sagte mir eine Anruferin und löste damit in meinem Kopf eine Kettenreaktion aus; was sie aber nicht wissen konnte, weshalb sie sich vermutlich gewundert hat, dass ich zunächst ein oder zwei Sekunden lang geschwiegen habe. Für meine Bitte, sich etwas zu gedulden, weil ich mir gerne die jüngste Seite Ratgeber vom vergangenen Samstag auf dem Monitor aufmachen wollte, um gleich mitverfolgen zu können, um was es geht, hatte sie denn auch Verständnis; sie sagte nämlich nichts dazu, sie wartete.

Als ich die Seite dann sah, mir das Horoskop vergrößerte und bis zu meinen eigenen Sternzeichen runter scrollte, atmete ich auf und lächelte (nur buchstäblich) in mich hinein. Denn die Vorhersagen, die da standen, waren bestens geeignet, um auf lustige und vielleicht unterhaltsame Weise der Leserin zu sagen, was ich von der Deutung der Sternen- und Planetenkonstellationen halte: nämlich nichts. Bei "Beruf" stand da beispielsweise: "Es ist nicht so wichtig, alles im Griff zu haben. Lassen Sie los." Dabei habe ich mir vorgestellt, was passieren würde, wenn ich nur einen Tag oder sogar nur eine Stunde lang mich nicht im Griff hätte, wenn ich mit Lesern am Telefon spreche. Bei "Allgemein" stand: "Gehen Sie wieder zum Sport." Schlimmer daneben liegen kann ein Horoskop gar nicht, weil kein Tag vergeht, an dem ich kein Sport mache; aber das nur nebenbei. (Und vielleicht dies noch: Was bei "Liebe" stand, trifft grundsätzlich auf mich zu, also nicht nur in dieser Woche, aber das behalte ich dann doch lieber mal für mich, weil es ein Geheimnis ist, das ich nicht verraten möchte.)

Außerdem habe ich noch (während des Schweigens) schnell die Homepage der Agentur, die für "Freie Presse" das Horoskop erstellt, aufgemacht und die Kontaktdaten angeklickt, falls die Anruferin sich mit ihrer Beschwerde direkt dorthin wenden will oder ich die Mailadresse gleich parat habe, falls ich die Agentur auf etwas aufmerksam machen möchte, was nicht stimmt. Also hatte die Anruferin eine Weile lang das Klappern meiner Tastatur gehört, bevor ich fragte: "Jetzt bin ich soweit, wie kann ich Ihnen helfen." Dies war die Antwort der Leserin:

"Ich hätte das Horoskop gerne täglich in der Zeitung."

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