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Manchmal ist die Wahrheit etwas relativ
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Viele Anrufer wollen wissen, woran sie sind, wenn sie mit mir über ein Thema reden wollen, das ihnen am Herzen liegt. Und ganz oft stellen sie mir deshalb unscheinbare Fangfragen oder kleine Fallen, um mich zu testen, ohne direkt nachhaken zu müssen. Ich finde das immer höchst amüsant, ich verzeihe das gerne; manchmal sage ich das sogar, und dann müssen oft auch die Leser darüber lachen. Bei einem Thema war dies in den vergangenen Tagen außergewöhnlich häufig der Fall. Zunächst der Hintergrund:
Ich möchte zunächst mal eine Relation voranschicken. Um mit mir über den Bericht "Traumfabrik Chemnitz" (Seite Zeitgeschehen am vergangenen Montag) zu sprechen, haben doppelt so viele Anrufer meine Nummer gewählt, als Leser sich mit mir in Verbindung gesetzt haben, um über den Artikel "Willkommen im Hühnerland" (Seite Zeitgeschehen am 11. Oktober) zu sprechen; und es waren nicht wenige Gegner der Massentierhaltung, die ihren Unmut über den neuen riesigen Hühnerstall loswerden wollten. Zu der Reportage über die Fernsehsendung "Herbstfest der Abenteuer" mit Florian Silbereisen in der Arena Chemnitz möchte ich nur dies sagen: Ich finde diesen Text wirklich gut, weil er mit er erforderlichen Distanz beschreibt, wie es bei einer solchen Veranstaltung zugeht und was an Informationen wichtig ist, um diese Art von Show einzuordnen, ohne ein Urteil über die Qualität der Musik zu fällen oder eine Meinung zu den Fans wiederzugeben. Die Leser, die mit mir über "Traumfabrik Chemnitz" reden wollten, haben das allerdings anders gesehen und sich beschwert. Einige mussten aber zuvor herausbekommen, ob der Leser-Obmann überhaupt in der Lage ist, das Anliegen zu verstehen; ob dafür das Wissen ausreicht, die Qualifikation vorhanden ist.
Episode 1: "Der Florian tut mir so leid, das hat er nicht verdient, er ist doch so ein herzensguter Mensch", sagte eine Anruferin, nachdem sie sich vorgestellt hatte; nicht mehr, das war alles. Meine Reaktion war die richtige: "Dann waren Sie wohl live dabei und haben auch Helene Fischer und Jürgen Drews erleben dürfen?" Etwa fünf Minuten lang hat sie mir von der Show und ihrer Begeisterung erzählt, von der Reportage war keine Rede mehr.
Episode 2: Der Ton dieses Anrufers war schon etwas schärfer: "Was hat Ihre Zeitung sich dabei nur gedacht?" fragte er mich; den Grund seines Anrufes hatte er zuvor gesagt, doch als nächstes wollte er von mir dies wissen: "Können Sie sich an die Sendung 'Ein Kessel Buntes' erinnern?" Da war er wieder, mein Vorsatz, bei der Wahrheit zu bleiben, weshalb ich sagte: "Aber klar doch." Und das war nicht gelogen, weil ich mir schon vor längerer Zeit Ausschnitte davon in unterschiedlichen Videoportalen im Internet angeschaut habe, um die glänzenden Augen meiner Kollegen in der Redaktion nachvollziehen zu können. Aber das habe ich dem Anrufer natürlich nicht verraten. So konnte er ruhigen Gewissens mit mir über die vielen guten Seiten von "Herbstfest der Abenteuer" sprechen; ich habe gerne zugehört.
Episode 3: Einem anderen Leser war mein Fachwissen wichtig: "Finden Sie nicht auch, dass Carmen Nebel zum Schluss nicht mehr das war, was sie früher ausgezeichnet hat und womit sie die Fans begeistert hat und dass der Wechsel gerechtfertigt war?" Ganz unter uns: Ich habe nie eine Sendung mit Carmen Nebel gesehen, aber ich habe die Reportage "Traumfabrik Chemnitz" aufmerksam gelesen, und deshalb wusste ich, dass Florian Silbereisen ihr Nachfolger in der Sendung war. Weil ich mich jedoch mit einem anderen Thema ganz gut auskenne und mich da auf Erfahrungen berufen kann, habe ich im Brustton der Überzeugung geantwortet: "Ich finde, man sollte hier nicht vergleichen, weil Frauen einen ganz anderen Charme bei der Moderation einer solchen Sendung versprühen als Männer und ich deshalb befangen bin. Ich bitte Sie da um Verständnis." Der Anrufer hatte dies und hat mir ausführlich erklärt, was seiner Meinung nach Florian Silbereisen auszeichnet. Widersprochen aber habe ich ihm auch nicht.
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