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Und plötzlich lacht (nicht nur) die Sonne

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Wenn es sie nicht gäbe, ich würde sie schmerzlich vermissen, diese kleinen Randnotizen bei den Gesprächen mit Lesern, die mir unverhofft ein Lächeln ins Gesicht zaubern, an grauen Herbsttagen wie ein plötzlicher Sonnenstrahl am wolkenverhangenen Himmel mir den Alltag erhellen. In dieser Woche waren es diese:

Episode 1: "Ich bin auf der Suche nach einem Artikel, der bei Ihnen in der Zeitung gestanden hat", sagte mir eine Anruferin. Dieses Anliegen tragen mir Leser häufiger vor, und dank des digitalen Archivs mit Suchfunktion kann ich immer helfen. Doch dieses Mal war es anders: "Ich weiß nur ungefähr, wann er erschienen ist, das muss so ein bis zwei Monate her sein", teilte mir die Leserin mit und gestand: "Ich weiß weder die Seite, noch ob es im Lokalteil oder in der Gesamtausgabe war." Nur den Hinweis, dass es dabei um eine Hilfsaktion für Kinder in einem osteuropäischen Land ging, konnte sie mir geben. Sieben Minuten habe ich gebraucht, 13-mal die Parameter bei der Suche verändert, bis ich den Bericht gefunden hatte. Auch das war noch nicht wirklich außergewöhnlich. Bis sich die Leserin dann bedankt und verabschiedet hat: "Sie sind ein Schatz, am liebsten würde ich Sie ..."

Episode 2: Dieses Mal ist ein Leser für dieses Wort verantwortlich, ich wasche meine Hände in Unschuld: "Hier geht es um Sex, ganz eindeutig, anders kann ich das wohl nicht deuten", sagte der Mann am anderen Ende der Leitung; allerdings hatte ich dabei stark das Gefühl, dass er sich einem heftigen Angriff auf das Zwerchfell ausgesetzt sah und kurz vor einem Lachanfall stand. Vielmehr als die eine Bitte habe ich dann auch nicht mehr von ihm gehört: "Fragen Sie doch mal den Kollegen, der das geschrieben hat, was ein Schwangerschaftsvorbereitungskurs ist."

Episode 3: "Ich habe mich wirklich furchtbar darüber geärgert", sagte ein Anrufer und formulierte seine Bitte: "Vielleicht kann sich die Zeitung mal darum kümmern, dass das verschwindet." Sein Stein des Anstoßes: Bei einem Unternehmen am Rande der Stadt, aber noch nicht im neuen Gewerbegebiet, hängt am Zaun am äußersten südlichen Zipfel des mehrere Hektar großen Firmengeländes ein altes, bereits ziemlich verblichenes Hinweisschild. "Und da steht tatsächlich noch VEB drauf", sagte der Leser und meinte: "Das geht doch nicht, das muss doch endlich mal weg." Ich nehme jeden Anruf ernst, jedes Thema wird von mir mit der gleichen Sorgfalt angenommen und an die Redaktion weitergeleitet; auch dieses. Aber nach dem Ende des Gesprächs habe ich geschmunzelt, und fast wäre es ein richtiges Lachen geworden, aber dann hat das Telefon schon wieder geklingelt.

Episode 4: "Ich gehe regelmäßig in die Oper und ins  Theater, und wenn ich Karten bekomme, dann immer sogar in die Premieren. Und hinterher, wenn in Ihrer Zeitung eine Kritik über die Aufführung stand, schneide ich den Bericht aus, stecke ihn in eine Klarsichtfolie und hefte ihn in einem Ordner ab", erklärte mir eine Leserin. Als erste Reaktion darauf habe ich der Anruferin meine Bewunderung dafür ausgesprochen; und das habe ich in jeder Beziehung ernst gemeint. Dann hat mir die Frau am Telefon den Grund für ihren Anruf genannt: "Aber wenn dann auf der Rückseite des Artikels eine hässliche Anzeige ist, dann stört mich das; vor allem wenn ich den Ordner durchblättere und mich daran erinnern will, was ich alles schon gesehen habe." Und dann passierte ein (kleines) Wunder: "Und wenn Sie den Zeitungsausschnitt auf ein weißes Blatt Papier kleben, bevor sie ihn in die Klarsichtfolie stecken? Das sieht dann noch viel ordentlicher aus, so mache ich das mit meinen eigenen Artikeln", sagte ich; wohl wissend, dass die Wahrheit dabei etwas mehr als sonst relativ war. Die Opern- und Theaterfreundin antwortete nicht sofort, sondern erst einige Sekunden später: "Darüber muss ich erst mal nachdenken, vielleicht ist das eine gute Idee." Ob ich mich für anzeigenfreie Rückseiten von Kulturseiten einsetzen kann, war für sie dann nicht mehr wichtig. Aber ich war froh, ich habe in diesem Moment so vor mich hin gelächelt. Ach, wenn das Leben doch immer so einfach wäre.

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