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Kein Zweifel: Eine tolle Frau

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Grundsatzdiskussionen mit Lesern über Angela Merkel sind, obwohl man vielleicht eher das Gegenteil vermuten würde, bei meinen Gesprächen zwischen 10 und 12 Uhr die absolute Ausnahme. Heute war es mal wieder soweit, nachdem eine Leserin sich über das Foto mit der Bundeskanzlerin auf einem CDU-Wahlplakat aus dem Jahr 2004 zum Artikel "Schwamm drüber?" über das Thema "Kollektives Verzeihen"  geärgert und mich angerufen hatte: "Warum immer nur Negatives über diese tolle Frau, schreiben Sie doch mal was Positives", sagte sie und lief sich damit erst warm, weil ich als nächstes dies hörte: "Nun bin ich aber mal gespannt, was Sie dazu sagen." Ich auch, habe ich gedacht, aber nicht gesagt; Bedenkzeit verschaffte mir das allerdings auch nicht. Diese wollte ich mir mit einer Gegenfrage verschaffen:

"Meiner Meinung sieht die Bundeskanzlerin auf dem Foto doch gut aus, zwar mit dieser Frisur, die mich damals immer ...", sagte ich, stoppte meinen Redefluss aber, weil ich mich doch davor hüten wollte, meine Assoziation zu diesen Haaren von damals noch mal hervorzukramen, "warum gefällt Ihnen das Bild denn nicht?" Um eine Antwort war die Anruferin nicht verlegen: "Weil das Plakat mit Farbbeuteln beworfen worden ist und man diese hässlichen Flecken deutlich erkennt. Finden Sie das schön?"

Dass es bei dem Bild um eine ergänzende Aussage zum Thema "Kollektives Verzeihen" ging, wollte ich der Anruferin erklären, hatte aber damit wenig Erfolg, kam über einen Satz auch gar nicht hinaus, weil die Frau am anderen Ende der Leitung darüber gar nicht weiter reden wollte, sondern mir ihr Anliegen noch einmal deutlich zum Ausdruck brachte: "Ich möchte in Ihrer Zeitung künftig mehr Gutes über Frau Merkel lesen und nicht immer nur Kritik an ihrer Arbeit als Kanzlerin." Also hatte ich ein Problem, zwei Lösungen dafür gab es: "Ich werde Ihren Hinweis an die Chefredaktion weitergeben und wünsche Ihnen noch einen schönen Tag", hätte ich sagen können. Doch diese "Notbremse" ziehe ich höchst selten und eher ungerne bei meinen Gesprächen, auch diesmal war die Versuchung, sich auf eine Diskussion einzulassen, größer, und ich wagte dies: "Vielleicht machen Sie mir einfach mal ein paar Vorschläge, was man über Angela Merkel an Positivem berichten könnte." Ich gebe zu, dass ich mir in diesem Augenblick sicher war, weder von innen- noch von außenpolitischen Leistungen der Bundeskanzlerin etwas zu hören, doch das, was mir die Leserin dann sagte, hat mich dann doch überrascht:

"Ihre unbekümmerte und offene Art, mit Menschen umzugehen und ihnen immer freundlich zu begegnen. Ihre ansteckendes Lächeln und ihre selbstbewusste Körpersprache, wenn sie sich in der Öffentlichkeit zeigt. Sie verliert niemals die Geduld oder die Selbstbeherrschung, auch wenn viele Probleme auf sie einstürzen oder Reporter sie mit kritischen Fragen bedrängen. Und wenn sie redet, dann habe ich immer den Eindruck, dass diese Frau ganz genau weiß, wovon sie spricht, und nicht nur irgendwelche Phrasen von sich gibt", sagte die Anruferin und hatte damit einen Punkt erreicht, an dem ich doch mal unterbracht, obwohl ich mir sicher war, dass sie noch lange nicht am Ende war. "Darf ich mal fragen, wie Sie zu dieser Einschätzung von der Bundeskanzlerin gekommen sind?", wagte ich eine Zwischenfrage und fügte hinzu: "Haben Sie sie vielleicht sogar schon einmal persönlich kennengelernt?"

Es gibt diese eine Kategorie an Seufzern, die eigentlich mehr aussagen, als die darauf folgenden Worte, und ich hörte genau in diesem Moment einen solchen und dann diesen Satz: "Ach, das wäre schön, davon träume ich schon seit vielen Jahren. Nein, ich kenne sie nur aus dem Fernsehen." Wir haben dann doch noch über Politik geredet, weil ich das Thema nicht ganz außer Acht lassen wollte, über konservative Werte und über soziale Prämissen. Und zum Abschied sagte die Leserin: "Bitte geben Sie das an den Chefredakteur weiter. Ich wünsche Ihnen alles Gute und noch einen schönen Tag."

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