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Chemnitz = Karl-Marx-Stadt = Ossi
- Lucia Engombe schreibt über ihre deutsch-afrikanische Odyssee
- Andreas und James aus Namibia lebten fast 11 Jahre in der DDR
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In Windhoek unterwegs zur Christuskirche und dem gegenüber neu entstandenen Prunkbau für das Unabhängigkeitsmuseum werde ich wie üblich mehrfach angesprochen. Ich bleibe nicht stehen sondern nicke höchstens freundlich zurück. Ein junger Schwarzafrikaner läuft hinter mir her und versucht deutsch mit mir zu sprechen. Ich bin jedoch an keinem Gespräch interessiert. Wohlmöglich soll ich für einen trickreichen Diebstahl abgelenkt werden. "Wo wohnen Sie", werde ich von dem jungen Mann in einwandfreiem Deutsch gefragt. "Chemnitz", antworte ich dann doch. "Ah, Karl-Marx-Stadt." Nun werde ich neugierig. Es folgt eine längere Unterhaltung über Honeckers Kinder aus Afrika oder wie die Heimatlosen sonst noch bezeichnet werden. Andreas gehörte zu den 80 namibischen Kindern, die im Dezember 1979 drei- bis siebenjährig aus Ihrem Flüchtlingslager in Sambia über Angola in die DDR in ein Kinderheim gebracht wurden, ins Schloss Bellin nach Meck-Pomm. Fünf Jahre später wurden sie nach Staßfurt umgesiedelt, wie Andreas und sein Freund James mir berichten. Sie waren ein Spielball der Politik. Im August 1990 in einer Nacht- und Nebelaktion wurden die zum Sozialismus erzogenen und nun in Deutschland unerwünschten Kinder in ihre völlig fremde Heimat zurückgeflogen. Hier werden sie nicht als Namibier sondern als DDR-Kinder bezeichnet. Andreas zeigt mir das Buch "Kind Nr. 95" von Lucia Engombe. Die Autorin beschreibt darin ihre "deutsch-afrikanische Odyssee".
Ich verabschiede mich von den beiden in Namibia heimatlosen Namibiern und versinke in Gedanken. Ich war nicht erst einmal im Township Katutura, das sprichwörtlich übersetzt heißt "Der Ort wo wir nicht wohnen wollen". Ich kann mir gut vorstellen, was es für die an Ordnung und Sauberkeit gewöhnten DDR-Kinder nach mehr als 10 Jahren bedeutet hat, an einem "dreckigen, ungepflegten, verwahrlosten Ort und wo es nach Urin stinkt" abgesetzt zu werden und nicht zu wissen ob man eine Familie hat.
Viele der Kinder haben es bis heute nicht geschafft, sich in die Namibische Gesellschaft zu integrieren und fühlen sich entwurzelt, weil die Kulturen so verschieden sind. "Bin ich Deutscher oder Namibianer", fragen sie sich.
Sehr betroffen nach dieser Begegnung beginne ich meinen Einkaufsbummel. Im Schaufenster einer Buchhandlung entdecke ich zufällig das Buch "Wenn es Krieg gibt, gehen wir in die Wüste". Das Buch wollte ich schon immer einmal lesen, denke ich mir und betrete die Buchhandlung. Obwohl ich eine große Bibliothek zu Hause habe, erwerbe ich dieses Buch. "Kind Nr. 95" wandert als nächstes Buch in meinen Besitz. Während ich mich mit dem Verkäufer angeregt über weitere kritische afrikanische Literatur "Träume in Zeiten des Krieges" und "Herr der Krähen" vom Kenianer Ngugi wa Thiong'o unterhalte, erfasse ich ein Gespräch in ausgezeichnetem Deutsch. Ein älterer weißhaariger Herr, aus Bautzen stammend und später in die BRD übergesiedelt, sei stolz auf sein DDR-Kind, werde ich dann in das Gespräch mit einbezogen. Die dunkelhäutige Gesprächspartnerin Helen arbeitet jetzt als Ärztin in einer eigenen Praxis in der Innenstadt von Windhoek. Die Ärztin fragt mich, woher ich komme. "Ach Chemnitz, Karl-Marx-Stadt, ... hier Helmut", lacht sie "das ist eine Ossi-Dame."
Helen kauft ein Buch ihres einstigen Paten Dr. Helmut Lauschke und lässt sich vor Ort eine Widmung von ihm eintragen. Sie will es in ihrer Praxis neben weiteren Büchern von Helmut Lauschke aufstellen.
"Ja meine Helen hat hart gearbeitet. Sie hat es geschafft. Ich bin stolz auf sie," sagt der pensionierte Chirurg und Buchautor zu mir.
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