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Früher war das so, und es war wirklich gut
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Das Gespräch fing gar nicht gut an: "Sie können das eigentlich nicht verstehen, denn Sie haben damals ja noch nicht hier gelebt", sagte die Anruferin und musste sich daraufhin gleich von mir unterbrechen lassen, weil ich - das gebe ich zu - auf diesen Hinweis mittlerweile etwas allergisch reagiere: "Aber ich lebe schon seit fast 20 Jahren hier und habe mir von Freunden schon viele Geschichten aus der Zeit vor dem Mauerfall erzählen lassen, ich kann also durchaus mitreden", sagte ich und bemühte mich dabei, zwar forsch und selbstbewusst, aber nicht verärgert zu klingen." Das sei in keiner Weise abwertend gemeint gewesen, erklärte mir die Leserin, sie habe sich nur wegen eines möglichen Defizits an Informationen ihre Gedanken gemacht; das habe ich akzeptiert, wir haben dann noch eine Weile miteinander geplaudert. Aber in meine persönliche Geschichte eingehen wird die Unterhaltung aus einem anderen Grund. Dazu muss ich dies erklären:
Diese Leserin war einer von drei Anrufern, die mit mir über den Artikel "Gesundheitsvorsorge für Kinder: Erinnerungsbriefe wirken" heute auf der ersten Seite der "Freien Presse" reden wollten. Bei allen drei war es der gleiche Grund, er lässt sich in einem Satz zusammenfassen: So schlecht kann die DDR dann wohl doch nicht gewesen sein, wenn man jetzt nach und nach wieder einführt, was man mit der Wiedervereinigung abgeschafft. Bei diesem Thema meinten die Leser, dass es damals die Mütterberatung gegeben habe, bei der die Kinder einmal im Monat untersucht wurden; das war Pflicht, wer dem nicht nachkam, fiel zumindest auf. Es gibt eine Reihe von Themen, bei denen mich mit verlässlicher Regelmäßigkeit die Leser anrufen, weil zu DDR-Zeiten etwas gut war, was dann schlecht war und was jetzt (mit neuem Namen versehen) wieder gut ist. Neben der Mütterberatung gehören dazu auch die Polikliniken und die Kinderkrippen. Deswegen habe ich mich aber nicht entschieden, heute an dieser Stelle von diesem einen Gespräch zu berichten. Das war ein anderer Grund: Die Frau am anderen Ende hat einen Satz gesagt, den ich so treffend fand, dass ich ihn gerade wegen seiner Saloppheit bestimmt nicht vergessen werde. Die Leserin sagte:
"Wenn der Gorbatschow damals nicht so einen Wirbel veranstaltet hätte ..."
Die Frau seufzte, aber schwieg, ließ die Worte klingen, auch in meinen Gedanken, denn ich antwortete:
"Dann säße ich heute nicht hier und würde nicht mit ihnen sprechen."
Die Frau sagte nichts, ich hörte aber ihr Atmen und ein durch die Leitung zu mir dringendes Martinshorn; ich wollte diesen Moment nicht mit unnötigen Worten belasten, also schwieg jetzt ich. Bis die Frau sagte, sie schien sich den Satz genau überlegt zu haben:
"Das fände ich schade."
Dem habe ich nichts hinzugefügt, den Moment einfach in mir wirken lassen; es war ein schönes Gefühl.
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