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Was der Fiskalpakt mit Lyrik zu tun hat

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Eigentlich kommt es eher selten vor, dass ich dies schon denke, während der Leser am Telefon mir sein Anliegen vorträgt, bevor ich es dann auch ausspreche: "Tut mir leid, aber bei diesem Thema kenne ich mich gar nicht aus. Aber ich werde einen versierten Ansprechpartner für sie finden, bitte geben sie mir Ihre Telefonnummer, wir rufen dann sobald wie möglich zurück." Heute ist das gleich drei Mal passiert; was ich natürlich allein auf die aktuelle Nachrichtenlage zurückführe und nicht etwa auf meine grundsätzliche Kompetenz bei Fragen zu zeitgenössischen Themen:

Episode 1: "Können wir mal kurz über den Fiskalpakt reden?", fragte mich ein Leser und bezog sich dabei auf die Berichterstattung am Samstag. Und er fügte, wie ich schon geahnt (vielleicht auch etwas befürchtet) hatte und was sich mit einem leicht erhöhten Pulsschlag deutlich bemerkbar machte, noch dies hinzu: "Ich hätte da nämlich ein paar Fragen." Was soll ich sagen: Ich war darauf vorbereitet, weil dieses Thema in den vergangenen Wochen einfach allgegenwärtig war (eigentlich wollte ich omnipräsent schreiben, aber das klang mir dann doch zu kirchlich, zumal ich mir doch vorgenommen hatte, um theologische Aspekte in meinem Blog einen weiten Bogen zu machen), und deshalb hatte ich mir einen Artikel vom 12. Juni ausgeschnitten, in dem "Freie Presse" die meisten Fragen als solche gestellt und beantwortet hatte. Also sagte ich: "Na dann, schießen sie los." Das tat er dann auch und gleich die erste Frage war (wie ich das intern bei mir nenne) ein "Treffen auf 4b, versenkt": "Was genau muss ich mir denn unter einer erhöhten Haushaltsdisziplin in einem Land wie beispielsweise Griechenland vorstellen?" fragte mich der Mann am anderen Ende der Leitung. Etwa fünf Sekunden dachte ich nach, während ich meinen Artikel überflog und mehrmals dabei auf dieses Schlüsselwort stieß, aber keine konkreten Beispiele entdecken konnte, bis ich kapitulierte: "Sorry, aber da bin ich überfordert", sagte ich in Erwartung von enttäuscht klingenden Worten, aber der Leser lachte und gab mir ohne Zögern seine Telefonnummer, damit ein kompetenter Redakteur aus dem zuständigen Fachressort ihn anrufen kann.

Episode 2: Der Anrufer wollte mir mit über das Ausscheiden der deutschen Mannschaft bei der Fußballeuropameisterschaft reden. Zunächst nannte er mir die Quintessenz seiner Meinung: "Never change a winning team", hörte ich die Stimme, die noch hinzufügte: "Sag' ich nur, mehr ist nicht nötig." (An dieser Stelle möchte ich betonen, dass ich drei Mal versucht habe, den englischen Satz mit einem eindeutig erzgebirgischen Tonfall zu schreiben, aber mir das nicht gelungen ist.) Nachdem er sein "mehr ist nicht nötig" selbst Lügen gestraft hatte und mir eine Reihe von Namen von Fußballspielern gesagt hatte, natürlich mit seiner Wertung beispielsweise der Qualitäten als Spieler im defensiven Mittelfeld, bis ich ihn unterbrach: "Ich finde das sehr interessant, was sie mir da erzählen, aber ich kenne mich nicht wirklich aus, darf ich Sie mit einem Kollegen vom Sport verbinden?" Das Ende des Gesprächs im Wortlaut: "Wie?" "Ich interessiere mich nicht für diese Sportart." "Warum?" "Das war schon immer so, mir gefallen Einzelleistungen bei Ausdauerdisziplinen einfach besser." "Echt?" "Ja." "Also gut." "Wie?" "Sie dürfen mich verbinden." "Ach so, alles klar." (Beim Sport war noch niemand da, ich habe mir die Nummer aufgeschrieben, wir rufen zurück.)

Episode 3: "Ich habe ein Lied geschrieben", teilte mir eine "schön ältere" Leserin mit, wurde gleich noch etwas konkreter: "Eigentlich ist es mehr ein Gedicht, das noch vertont werden muss." Ich muss gestehen, dass ich mich zunächst gebauchmiezelt fühlte, weil ich vermutete, dass mein musikalischer Sachverstand gefragt war. Doch darum ging es der Anruferin gar nicht, denn sie sagte, noch bevor ich überhaupt antworten konnte, noch dies: "Ich lese es Ihnen einfach mal vor." Das tat sie dann auch (etwa zwei Minuten lang und gefühlte acht bis zehn Strophen), bevor ich dann endlich meine Frage loswerden konnte: "Wie kann ich Ihnen helfen?" Um eine Antwort war die Frau in der Leitung nicht verlegen, sie formulierte ihr Anliegen ohne Zögern in einem Satz: "Ich möchte, dass Sie das Gedicht abdrucken und dazu aufrufen, sich eine Melodie auszudenken." Ich war platt, ganz ehrlich, solch eine Bitte hatte ich noch nie gehört, was ich auch zugab: "Tut mir leid, da muss ich mich erst erkundigen, ob so etwas möglich ist, bitte geben Sie mir ihre Telefonnummer, wir rufen dann sobald wie möglich zurück." Damit war die Leserin zufrieden, und ich hatte ein Problem: "Wie verpacke ich geschickt diese Bitte der Leserin, damit nicht gleich jeder Kollege in der Redaktion abwinkt und sich überzeugen lässt, den Rückruf zu übernehmen. Einen ersten Versuch habe ich unmittelbar nach dem Ende des Gesprächs unternommen und in der Kultur angerufen: "Sind wir interessiert am regionalen Nachwuchs in Sachen lyrischer Talente und deutschem Liedgut?" Die Reaktion des Kollegen gebe ich nicht wieder, ich habe meine Gründe.

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