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Über die Beschneidung redet man nicht

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Heute mal ganz ernst: Seit Wochen warte ich darauf, dass mich ein Leser anruft und mit dem, was er sagt, mir eine Brücke schlägt, um endlich das Thema, dass mittlerweile in unserem Land extrem kontrovers und nicht weniger emotional diskutiert wird, hier in meinem Blog aufgreifen zu können. Es läuft auf eine einzige Frage hinaus: Soll die Beschneidung von Jungen im Kindesalter weiterhin als Straftat gelten, nachdem ein Kölner Landgericht ein entsprechendes Urteil gefällt hat, oder soll sie, wie die Bundesregierung es zurzeit mit einem neuen Gesetz erreichen will, als religiöses Ritual unter bestimmten Bedingungen erlaubt sein?

Um es kurz zu machen: Niemand hat mich deswegen angerufen, aber die Zahl der Leserbriefe zu nur einem Thema könnte demnächst die Rekordmarke von weit über fünfzig brechen. Und das wirft, weil dieses Verhältnis von "darüber reden" und "darüber schreiben" so extrem ist, eine weitere Frage auf: Warum fühlen sich so viele Menschen berufen, klar Stellung zu beziehen (die überwiegende Mehrheit ist gegen eine Legalisierung dieser religiösen Tradition), aber keiner hat den Mut, mit mir darüber zu diskutieren, während andererseits die Leitung glüht und dieses Thema über mich hinein bricht, sobald "Freie Presse" beispielsweise eine Kurzmeldung mit einer Statistik der Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland veröffentlicht hat?

Ein anderes Beispiel: Als vor etwa einem halben Jahr eine Debatte darüber begann, um homosexuelle Pfarrerinnen und Pfarrer mit ihren Partnern zusammen im Pfarrhaus leben dürfen, waren die beiden Lager bei den vielen Leserbriefen etwas zu gleichen Teilen vertreten, während am Telefon fast ausschließlich Leute mit mir darüber sprechen wollten, die hier die Bibel als die letzte Instanz anführten und deshalb die gleichgeschlechtliche Liebe rigoros ablehnten; geschweige über das eigentliche Thema überhaupt mit mir reden wollten.

Selbst im Netz wird heftig darüber diskutiert, die Zahl der Kommentare zu Artikeln, in denen es um die Reaktionen zum Kölner Urteil beziehungsweise die Bemühungen der Bundesregierung geht, spricht eine deutliche Sprache.

Und ich frage mich jetzt: Warum ist das bei der Beschneidung anders, warum lässt sich die Kritik leicht in einer Mail oder einem Brief verschicken oder in einem Kommentar in Worte fassen, während die mündliche Diskussion darüber gescheut wird? Ist das nur mein Eindruck, eine These?

Ich weiß es nicht, vielleicht hat jemand eine Idee.

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