Regionale Nachrichten und News mit der Pressekarte
Sie haben kein
gültiges Abo.
Regionale Nachrichten und News
Schließen

Ewig und drei Tage immer was Neues

Schon gehört?
Sie können sich Ihre Nachrichten jetzt auch vorlesen lassen. Klicken Sie dazu einfach auf das Play-Symbol in einem beliebigen Artikel oder fügen Sie den Beitrag über das Plus-Symbol Ihrer persönlichen Wiedergabeliste hinzu und hören Sie ihn später an.
Artikel anhören:

Einen gemeinsamen Nenner für die kleinen Geschichten in meinem Wochenrückblick gibt es diesmal leider nicht, höchstens diesen: Vor zwei Jahren, als ich die Arbeit als Leserobmann aufgenommen habe, war ich mir sicher, dass irgendwann der Tag kommen wird, an dem ich feststellen muss, dass ich alles schon einmal gehört habe bei meinen Gesprächen mit Lesern am Telefon. Heute bin ich davon überzeugt: Dieser Tag wird niemals kommen.

Episode 1: "Ich will diesen Namen nie wieder in der Zeitung lesen, ich habe schon einmal deswegen angerufen, aber jetzt ist es mir ernst: Schreiben Sie diesen Namen noch einmal, werde ich die erforderlichen Konsequenzen ziehen", sagte mir ein Leser mit Verweis auf den Artikel "Willst du mein Freund sein" heute auf der Seite Kultur & Service (es geht darin um die Bayreuther Festspiele). Weil ich befürchte, dass der Anrufer auch diesen Blog lesen könnte, will ich diesen Namen auch hier nicht wiederholen; die Verantwortung, dass der Mann die Konsequenzen tatsächlich in die Tat umsetzen könnte, will ich nicht übernehmen. Und deswegen kann ich nur hinzufügen, dass der Film "Der große Diktator" von Charly Chaplin auf meiner Liste der zehn besten Streifen aller Zeiten auf Platz sechs liegt.

Episode 2: "Vor vier Tagen habe ich bei Ihnen angerufen und mich darüber beschwert, dass an einer Bushaltstelle die Abfalleimer fehlen", sagte mir ein Leser und holte Luft. Ich ergriff die Chance und füllte die Lücke aus, weil ich dem Mann den Wind aus den Segeln nehmen und so erreichen wollte, dass sein Ärger, weil er immer noch nichts dazu in der Zeitung gelesen hat, dadurch etwas gemildert wird, und ich von einem entsprechen Wortschwall verschont bleibe. "Die Kollegen müssen erst die Zuständigkeit klären, dann eine offizielle Anfrage starten und warten, dass die langsam malenden Mühlen in den Amtsstuben ihre Arbeit verrichtet haben und uns die Sachlage erklärt wird, bevor die Redakteure dann ?" Weiter kam ich nicht, denn der Leser fiel mit ins Wort, im wahrsten Sinne des Wortes, denn er sagte nur: "Halt. Stopp." Mit fehlten die Worte, das bin ich gar nicht gewohnt, das ist höchstens manchmal mein Einwurf, dann hörte ich den Anrufer sagen: "Gestern sind dort zwei Abfalleimer montiert worden."

Episode 3: In meiner Liste der verdrehten Redewendungen gibt es seit gestern einen neuen Eintrag. Ein Leser hatte mich angerufen, weil er mir sagen wollte, dass ihn die sogenannten Faselfehler in der Zeitung manch mal schon stören würden und dass wir doch bitte etwas sorgsamer sein sollen, wenn wir die Artikel noch einmal durchlesen, bevor sie gedruckt werden, und er fügte hinzu, weil es Verständnis zeigen wollte, denn die Redakteure würden doch häufig unter einem enormen Zeitdruck arbeiten: "Wo gearbeitet wird, da fallen Späne." Ich habe ihn nicht verbessert, weil ich das eigentlich nie mache, denn ich möchte nicht oberlehrerhafter erscheinen, als ich es vielleicht schon bin. Deshalb habe ich mich bedankt und mich freundlich von dem Mann verabschiedet. Dann habe ich den Kopfhörer abgesetzt und wollte gerade mein Büro verlassen, als mein Blick die Fläche unter meinem Schreibtisch erfasst, weshalb ich zu mir selbst murmelte: "Der Mann hat doch Recht, wo gearbeitet wird, da fallen Späne."

Episode 4: "Ich finde, Sie sollten weniger Luxusschlitten vorstellen, weil sich diese Autos kein Normalsterblicher leisten kann", lautete die Kritik eines Lesers an der Seite Auto & Verkehr, und er fügte einen Vorschlag hinzu: "Sinnvoller ist doch das Testen von Kleinwagen, da hat der Ottonormalverbraucher viel mehr davon." Ich habe dem Mann nicht widersprochen, weil ich ihm gestehen musste, dass ich diese Seite in der Samstagsausgabe selten lese, weil mich Autos als mögliche Objekte der Begierde ganz einfach nicht interessieren. Aber ich habe den Anrufer gefragt, weil wir ein wenig ins Plaudern gerieten, was er sonst so macht und womit er seine Freizeit verbringt, wohin beispielsweise auch die Urlaubsreisen immer gehen. Der Mann ist Rentner und verreist zweimal im Jahr; die eine Fahrt geht in den Harz, die zweite an die Ostsee. "In dem einen Urlaub sind wir immer bei Freunden untergebracht, bei dem anderen zelten wir. Nur so können wir uns das zweimal im Jahr leisten", erklärte er mir. Dann habe ich ihn gefragt, weil ich schließlich wusste, dass er die Samstagsausgaben der Zeitung regelmäßig zu lesen scheint, ob er am vergangenen Samstag den Aufmacher der Reisebeilage über die Expeditionsfahrten durch die Antarktis gelesen hat. "Mit großer Begeisterung", sagte er mir und sprach weiter: "Den fand ich besonders interessant." Meine Strategie war aufgegangen, den nun waren wir dort angelangt, wo ich das Gespräch enden lassen wollte, den ich sagte: "Sehen Sie, man wird doch wohl noch mal träumen dürfen."

Weitere Blog-Einträge

Icon zum AppStore
Sie lesen gerade auf die zweitbeste Art!
  • Mehr Lesekomfort auch für unterwegs
  • E-Paper und News in einer App
  • Push-Nachrichten über den Tag hinweg
Nein Danke. Weiter in dieser Ansicht.