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Am Ende der Leiter ist noch nicht Schluss

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Es gibt Berufe, die sind streng genommen gar keine, denn man muss keine fachspezifische Ausbildung haben, um dieser Tätigkeit nachgehen zu können. Ich kenne Leute, die einer solchen Arbeit nachgehen und sich mit ihren Aufgaben regelrecht identifizieren und denen diese Gelderwerbsquelle auch noch viel Spaß macht. Deswegen scheue ich mich auch nicht, weil es jetzt um diese Beispiele gehen soll, zu meiner Meinung zu stehen: Ich habe größten Respekt vor Zeitungsausträgern und Taxifahrern. Warum ich das jetzt betone? Ganz einfach: Bei zwei Gesprächen mit Lesern habe ich, unabhängig von dem Grund des Anrufs, heute eine Diskussion darüber angefangen, dass diese beiden Tätigkeiten durchaus größten Respekt verdienen und es sich nicht schickt, sie zum Synonym für eines der letzten Glieder in der Kette der berufstätigen Menschen zu machen. In beiden Fällen war jedoch derselbe Artikel für die Unterhaltung verantwortlich: "Ausländische Arbeitskräfte bleiben rar" lautete die Überschrift, und die Nachricht lautete, dass qualifizierte Menschen aus anderen Ländern sich immer noch scheuen, nach Deutschland zu kommen, um hier zu arbeiten.

Der erste Leser, der mich deswegen angerufen hatte, wollte und durfte sich über die Aufzählung sogenannter Mangelberufe in dem Bericht aufregen: "Dass auch die Krankenschwestern dazu zählen, finde ich schon höchst erstaunlich", sagte mir der Anrufer und nannte drei Krankenhäuser in der Region, von denen er wusste, dass dort die fertigen Krankenschwestern und Pfleger nach Abschluss ihrer Ausbildung nicht übernommen werden." Da geht mir doch der Hut hoch, wenn ich jetzt lese, dass hier wieder mal nur eine Beschäftigungsverordnung für Hilfe sorgen soll, während hier die engagierten junge Leute vergeblich einen Job im Pflegebereich suchen und ihnen am Ende nur der Taxifahrer bleibt."

"Da kommt mir doch die Galle hoch, wenn ich das lese", sagte eine andere Leserin und erklärte mir, dass man in den vergangenen zwei Jahrzehnten auf Fachkräfte aus dem Ausland hätte verzichten können, wenn man den Menschen im Osten auch in Zweifelsfällen die in der DDR erworbenen Berufsabschlüsse anerkannt und Möglichkeiten für zusätzliche Qualifikationen geboten hätte. "Dann hätte sich viele Leute die Entscheidung fürs Zeitungsaustragen sparen können", fügte sie noch hinzu.

Beide waren jedoch, nachdem sich ihre emotionale Welle etwas abgeschwächt hatte, einsichtig und stimmten mir zu, dass sowohl Taxifahrer als auch Zeitungsausträger einer durchaus anspruchsvollen Tätigkeit nachgehen und dass beide Berufe für sie lediglich ein Synonym für "am Ende der Leiter" gewesen sei. Die Frau aber wollte es noch drauf anlegen, mich ein bisschen aus der Reserve zu locken, und fragte mich: "Wenn Sie von heute auf morgen ihren Job verlieren würden und keine Aussicht hätten, in ihrem Beruf eine neue Anstellung zu finden - würden Sie dann als Taxifahrer oder Zeitungsausträger arbeiten wollen?" Mein Verstand sagte mir in diesem Moment, dass ich ohne zu zögern mit Ja antworten sollte, doch mein Bachgefühl signalisierte mir eindeutig den Mut zur Wahrheit, also erwiderte ich: "Nein, ich würde mich an die Straße stellen und Lieder singen; von Mai bis Oktober hier in Deutschland, von November bis April irgendwo am Mittelmeer, während ich mir zuvor meinen allerältesten Traum erfüllt und einen ausgedienten Krankenwagen zu einem Schlafmobil umgebaut hätte."

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