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Nicht so einfach, die Sache mit dem Handschuh
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Kürzlich ist meine Geduld, die zu meinen, wie ich gern erwähne, stärkeren Tugenden gehört, auf eine harte Probe gestellt worden. Dies ist passiert: Ich stehe an der Käsetheke eines Supermarktes und muss warten, weil zwei Kundinnen vor mir dran sind und die zweite sich, bevor sie sich für eine Sorte entscheiden will, von der Frau hintere der Theke alle Käse der Reihe nach erklären lässt. Das dauert, aber dafür habe ich Verständnis, ich warte gern. Nach (geschätzten) fünf Minuten ist der Kauf getätigt, als die freundliche Verkäuferin, während ich gerade meinen Wunsch äußern will, zu mir sagt: "Einen Augenblick bitte, ich bin gleich wieder da." Sie zieht ihre Plastikhandschuhe aus und verschwindet; wohin sie geht, weiß ich nicht, aber ich warte gern, ich habe auch für dafür Verständnis, eine zweite Verkäuferin gibt es jedoch nicht. Dann kommt sie zurück, lächelt mich an, was mir das Warten noch im Nachhinein versüßt, und fragt mich: "Was darf's denn sein?"
Und in diesen Sekunden bahnt sich die Belastungsprobe für meine Ausgeglichenheit und Toleranz an, denn die Verkäuferin hat ein neues Paar der Einweghandschuhe aus einem Karton gezogen und versucht, die beiden aneinander klebenden Seiten voneinander zu trennen, um den Eingang für die Finger freizubekommen; es gelingt ihr erst, nachdem sie sich mit einem Tuch, das sie erst holen musste, die Hand trocken gerieben hat. Eine weitere Minute ist vergangen. Nun ist aber das gummiartige Material der Handschuhe von solch einer bindenden beziehungsweise haftenden Beschaffenheit, dass die Finger der Frau nicht einfach hineingleiten können, sondern jeder einzeln und nur nach mehrmaligen Ziehen an den Enden des Kunststoffes in seine endgültige Position gelangen kann; und es geht schließlich um zwei Hände. Etwas mehr als zehn Minuten stehe ich also vor der Käsetheke und habe noch immer nicht sagen können, was ich gerne möchte; doch ich bin stolz darauf, denn es gab mal eine Zeit, in der ich schon nach weniger als zwei Minuten zum Kühlregal mit dem abgepackten Käse gegangen wäre. Nun fehlt nur noch der Grund, weshalb ich diese kleine Geschichte erzählt habe. Hier ist er:
"Gestern stand ich an der Wursttheke im Supermarkt, und was ich da erlebt habe, muss ich ihnen erzählen", sagte eine Leserin und fügte noch hinzu: "Vielleicht können Sie mal für mich rauskriegen, ob das so sein darf oder nicht." Sie habe einer Kundin den Vortritt lassen müssen, aber das sei nicht das Problem gewesen. Zuerst vor Verwunderung die Augen gerieben und dann geärgert habe sie sich vielmehr, weil die Verkäuferin die Handschuhe nicht abgestreift habe, während sie von der anderen Frau das Geld kassiert und demnach also den Schein und das Wechselgeld angefasst habe, sondern mit denselben Handschuhen auch die Wurst angefasst habe, die sie selbst kaufen wollte. "Das kann doch nicht sein, das Geld ist doch über und über mit Keimen behaftet", teilte mir die Anruferin den Grund für ihre Verärgerung mit und fragte mich: "Hätte ich was sagen sollen?" Nun wollte sie von mir wissen, ob es dazu eine klare Regelung gebe, worauf sie verweisen kann, wenn sie das nächste Mal in diesem Supermarkt ihre Wurst kauft und der Vorgang sich so oder so ähnlich wiederholt. Ich habe ihr gesagt, dass ich das mit dem für solche Fragen zuständigen Fachredakteur besprechen muss und mich noch einmal bei ihr melde.
Nachdem ich den Hörer aufgelegt hatte, fiel mir die Geschichte an der Käsetheke wieder ein, bevor ich mir selbst die Frage stellte, die ich hiermit auch in den virtuellen Raum stelle: Wie reagiert man selbst, wenn einem so etwas (nur nicht mit Wurst) passiert?
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