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Mein Wald sieht überhaupt ganz anders aus

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Ohne dass es eine Frage von falsch oder richtig ist, prallen bei meinen Gesprächen mit Lesern manchmal Sichtweisen und Haltungen aufeinander, wie sie gegensätzlicher kaum sein können. Der Leser hat eine Meinung zu einem Thema, ich eine ganz andere, aber wir streiten nicht, weil es uns beide nicht dazu drängt, unbedingt Recht haben zu wollen. Heute war das bei zwei Gesprächen zur selben Problematik der Fall, denn es ging um die Frage: Was bedeutet uns der Wald beziehungsweise welchen Stellenwert räumen wir ihm ein? Beide Leser hatten mich angerufen, weil sie in einer Lokalausgabe den Artikel "Zorn auf Holzfäller im Eicher-Wald" gelesen hatten.

Der erste Leser hatte mich angerufen, um mir zu sagen, dass er das Foto zum Artikel für wenig geeignet hält, den wahren Sachverhalt beziehungsweise das Ausmaß der Zerstörungen durch die Arbeiter des Forstbetriebes und durch die schwere Technik zum Ausdruck zu bringen. "Auf dem Bild sieht es aus wie ein normaler Spaziergang abseits von Wegen und Pfaden, aber auf keinen Fall wird deutlich, was dem Wald dort angetan worden ist", brachte er seine Kritik zu dem Foto zum Ausdruck. Grundsätzlich aber sei das Fällen von Bäumen aus wirtschaftlichen Gründen in Ordnung, nur müsste man für die Beseitigung der dabei entstandenen Schäden sorgen, was hier offensichtlich unterlassen worden sei.

Der zweite Leser meinte, dass ein ordentlich aussehender Wald ein wahres Aushängeschild für jede Region sei und dass es deshalb unverzichtbar sei, die verantwortlichen Stellen zu aktivieren, um diesen Missstand zu beseitigen und die Schuldigen zur Rechenschaft zu ziehen. Aber auch er sei ein Befürworter für die Bewirtschaftung eines Waldes; Holz sei nun mal ein unverzichtbares Naturprodukt.

Beiden Anrufern habe ich meine Meinung gesagt: Ich mag einen Wald, wenn er ursprünglich ist und wenn man ihm das auch ansieht, weil er sich mehr oder weniger selbst überlassen und nicht wirtschaftlich ohne Rücksicht auf Verluste ausgebeutet wird. Wege sind entstanden, weil Menschen sie gegangen sind oder Tiere sie für sich in Anspruch genommen haben, nicht weil sie angelegt wurden, um es Spaziergängern möglichst bequem zu machen und ihnen ein romantisches Panorama oder eine bequeme Idylle zu bieten. Herumliegende Äste und Zweige zeugen nicht von Unordnung, sondern von einer natürlichen Beschaffenheit, die man auch deshalb als solche akzeptieren kann, weil man sich mit ihr im wahrsten Sinne des Wortes auseinandersetzen muss; sonst kommt man nicht vorwärts. Und wenn man mal etwas klettern, vielleicht sogar mal ein Stück weit zurückgehen muss, weil es an einer Stelle nicht weitergeht, dann ist das eben so; und weil man das weiß, gibt es keinen Grund sich darüber zu ärgern. In meinem Wald verbietet es sich von selbst, Bäume zu fällen, weil man das Holz verkaufen will. Ich weiß, ich bin ein Träumer; aber ich weiß auch, dass ich mich gut dabei fühle. Beiden Anrufern habe ich davon erzählt; beide haben mir nicht widersprochen, und ich hatte das Gefühl, dass sie mir durchaus folgen konnten auf meinem Weg durch meinen Wald.

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