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Selten und doch passiert: Ich bin verwirrt

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Dazu stehe ich uneingeschränkt, aber ein Gefühl der Scham verspüre ich trotzdem nicht, denn es ist tatsächlich so: Ich bin verwirrt. Zwei Gründe gibt es dafür, und wenn es auch eine eher weniger aufregende und schon gar keine unterhaltsame Thematik ist, so möchte ich trotzdem kurz davon berichten; ausgehend davon, dass ich mich mit zehn Lesern (tatsächlich ausnahmslos alles Männer) darüber am Telefon unterhalten beziehungsweise ihnen zugehört und dass ich noch mehr Mails und Briefe dazu erhalten habe. Nun ist genug um den heißen Brei geredet, um diese zwei Fragen geht es: War die Nationale Volksarmee (NVA) der DDR am Einmarsch der Truppen des Warschauer Pakts im August 1968 zur Niederschlagung des Prager Frühling und damit quasi an der Besetzung der damaligen Tschechoslowakei beteiligt oder nicht? Und warum sorgt dieser Streit fast 45 Jahre später immer noch für derart verhärtete Fronten und erhitzte Gemüter, die so weit gehen, dass sie den Staatsanwalt einschalten wollen, um den Verfasser eines Leserbriefes wegen Volksverhetzung zu verklagen?

Zum Hintergrund: Nachdem "Freie Presse", ausgelöst durch einen Aufmarsch eines Traditions-Verbandes der ehemaligen NVA der DDR in Original-Uniformen am Ehrenmal in Berlin/Treptow, darüber berichtet hatte, dass es jetzt eine Diskussion darüber gibt, ob auch DDR-Symbole verboten werden sollten, gab es viele Leserbriefe dazu. Zuerst war ein Leser der Meinung, dass diese Forderung ungeheuerlich sei; er hatte den Aufmarsch und die NVA selbst verteidigt unter anderem mit dem Argument, dass sie die die einzige deutsche Armee der jüngeren Geschichte gewesen sei, die kein anderes Land überfallen oder besetzt habe. Daraufhin hat ein anderer Leser geschrieben: "Und was passierte 1968 in der CSSR? Da war die NVA sehr wohl an der Besetzung dieses Landes beteiligt."

Auf der einen Seite haben mich mehrere Anrufer mit von Ärger und Zorn geprägten Tiraden überschüttet und sowohl den Leserbriefschreiber als auch die Redakteure der "Freien Presse" der Geschichtsfälschung bezichtigt und mit Konsequenzen der unterschiedlichsten Art gedroht. Auf der anderen Seite hat mir ein Leser von einem Foto aus einer im August 1968 erschienenen sowjetischen Zeitung erzählt, auf dem NVA-Soldaten in Prag abgebildet sind, während ein anderer Anrufer mir von einer zu dieser Zeit in Prag stationierten NVA-Einheit berichtet hat, die von dort aus den einmarschierenden Truppen des Warschauer Pakts geholfen hat. Ein Mann hat mir gesagt, dass er jemanden kennt, der damals zur NVA gehört hatte und dann in der Uniform der sowjetischen Armee mit in die Tschechoslowakei einmarschiert war.

Als ein Mensch, der gern vermitteln und immer zuerst der Versöhnung eine Chance geben möchte, weiß ich jetzt überhaupt nicht, wie ich mit diesen unterschiedlichen Positionen umgehen soll beziehungsweise wie und was ich dazu beitragen könnte, dass sich zumindest die Stimmung auf beiden Seiten nicht weiter aufheizt, weil ich auch die Erfahrung gemacht habe, dass beide Lager nicht wirklich an einer Diskussion interessiert sind, sondern lieber unnachgiebig auf ihren Standpunkten beharren wollen. Keine weiteren Leserbriefe dazu zu veröffentlichen und warten, bis sich die Wogen geglättet haben, ich meiner Ansicht nach keine gut Option. Deshalb möchte ich meinen Eintrag heute mit einer Frage beenden: Was kann ich tun?

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