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Mit dem falschen Fuß ist der Wurm drin
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Manchmal stehe ich auf der Leitung, manchmal habe ich eine solche, aber die ist mal wieder zu lang; dieser Vergleich hinkt, ich starte einen zweiten Versuch: Manchmal erwischen mich Leser auf dem falschen Fuß, während ich davon überzeugt bin, am selben Morgen mit eben diesem aufgestanden zu sein; dieses Bild hängt nicht weniger schief, darf ich noch ein drittes Mal von vorn anfangen? Also gut: "Du machst ja ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter", sagte eine Kollegin, die heute in meiner Bürotür stand mit der Absicht, sich bei meinem Müsli zu bedienen, weil ihr Hunger größer war als die Menge der Körner- und Früchtemischung in ihrer eigenen Dose, und sie erhielt von mir diese Antwort: "Das stimmt, ich habe auch schon bessere Tage gesehen." Jetzt reicht's, diese Vergleiche gehen auch nicht auf, weshalb ich einfach sage, wie das Gesamturteil bei der Bewertung der Zeit zwischen zehn und zwölf ausfällt: Heute war der Wurm drin.
Episode 1: "Ich habe einen Rat für Sie, wenn Sie von einer Mücke oder einer Biene gestochen worden sind", sagte die Leserin und machte mich damit sprachlos, weil ich überhaupt gar keine Ahnung hatte, warum sie mir davon erzählen wollte. Dass ich stumm blieb, war aber nicht weiter schlimm, denn die Frau sprach unbeirrt weiter: "Sie müssen sich Spitzwegerich suchen, ihn so fest drücken, dass er seinen Saft verliert und diesen dann auf den Stich träufeln. Dann juckt und schmerzt es nicht so schlimm, auch die Schwellung fällt weniger stark aus." Ich habe mich, noch immer verdutzt und unfähig für eine andere Reaktion, für diesen Tipp bedankt und mich von der Anruferin verabschiedet. Dann habe ich den Ratschlag aufgeschrieben, weil ich nun mal gewissenhaft bin und jeden Leser ernst nehme, und ihn an die Kollegen im Ressort Ratgeber geschickt. Die Reaktion kam prompt: "Der Aufruf kommt an, wie freuen uns darüber?" Aufruf? Hatte ich da etwas verpasst? Also bemühte ich das Archiv und wurde mit dem Suchwort "Insekten" auch sofort fündig, denn gestern stand ein Artikel mit der Überschrift "Süße Speisen locken Insekten an" in der Zeitung; ich konnte mich erinnern, sogar daran, dass ich ihn gelesen habe - leider aber nicht bis zum Ende, das war ein Fehler, denn noch vor dieser Erkenntnis hatte ich einen Leser in der Leitung, der mir im dritten Satz eine Frage stellte: "Können wir mal übers Saugen reden?"
Episode 2: "Sie haben doch in ihrer Kolumne auf der Leserbriefseite von dem ältesten Mann der Welt geschrieben, der nicht tot sein kann, weil er dann nicht mehr der älteste Mann der Welt wäre", meinte ein Anrufer in der Leitung. "Das stimmt", habe ich nur gesagt und wartete darauf, was als nächstes kommt. "Sie haben doch in ihrer Kolumne von der Nachricht über den Gewinner bei einer Quizsendung geschrieben, in der von gestern die Rede war, obwohl es eine Aufzeichnung war und das eigentliche Ereignis schon ein paar Tage zurücklag", meinte der Leser. "Das stimmt", habe ich nur gesagt und wartete darauf, was als nächstes kommt. "Ich habe hier die Zeitung vom Montag in der Hand", sagte der Mann und fügte hinzu: "Es geht mir um den Sportteil." Anschließend erzählte er mir von Veranstaltungen wie eine Team-EM der Leichtathleten, einem Fußballspiel beim Confed-Cup in Brasilien und einer Europameisterschaft der Wasserspringer. Dann fragte er mich: "Wissen wie, wann die Veranstaltungen stattgefunden haben?" "Vermutlich am Samstag oder am Sonntag", antwortete ich. Mit dem folgenden Satz des Lesers war dieses Gespräch dann bald beendet, es war eine Frage: "Und warum heißt dieser sechsseitige Teil der Zeitung dann 'Sport am Montag'?"
Episode 3: Hier geht es jetzt um zwei Gespräche, die nach wenigen Sekunden bereits beendet waren, weil ich, nachdem die Leser ihr Anliegen vorgetragen hatten, eine Gegenfrage gestellt habe. Der erste Anruf: "Ich habe gerade den Artikel über einen Mobilfunktreiber gelesen, der einen Funkmast bauen will und deswegen jetzt offensichtlich Ärger mit den Anwohnern bekommt. Dabei ist mir aufgefallen, dass auf dem Wohnkomplex bei mir gegenüber schon so ein Ding steht. Meinen Sie, dass man noch nachträglich etwas machen kann?", fragte mich die Frau in der Leitung. Meine Reaktion darauf: "Könnte es auch eine ganz normale Antenne sein?" "Ich melde mich wieder", sagte die Anruferin und legte auf. Das zweite Gespräch: "Ich war mit meinem Auto in der Waschanlage, und als ich wieder rausfuhr, habe ich festgestellt, dass das Glas im rechten Außenspiegel einen Sprung hat", sagte ein Leser und wollte von mir erfahren: "Wissen Sie, was man da machen kann und ob der Betreiber dafür haften muss?" Meine Gegenfrage, so dachte ich, sei eigentlich ganz unverfänglich: "Und Sie sind sich sicher, dass der Sprung im Glas nicht schon vorher da war?" Drei Sekunden lang hörte ich nichts, dann dies: "Können Sie mich mit jemanden verbinden, der was davon versteht?" Das habe ich dann auch getan.
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