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Manchmal ist Schmunzeln erlaubt
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Es ist mal wieder an der Zeit, von einigen Begebenheiten zu erzählen, die ich in der Liste meiner Eintragungen mit Kurzprotokollen der Gespräche mit Lesern am Telefon unter der Rubrik "Kuriositäten" vermerkt habe; allerdings verbunden mit der Überzeugung, dass kurios das ist, was seltsam, wunderlich, komisch oder manchmal auch skurril erscheint, aber was immer eine respektvolle Betrachtung verdient. In diesem Sinn:
Episode 1: "Viel Freude beim Lesen" wünschte mir ein Leser, nachdem er mir das "Hexen-Einmaleins" aus Goethes "Faust" (einschließlich einer von zahlensymbolischen Deutungen getragenen Interpretation) geschickt hatte, wobei ich mich daran erinnerte, dass es derselbe Leser war, der sich schon einmal an mich gewandt und sich dabei als Anhänger der Theosophie zu erkennen gegeben hatte. Wirklich kurios allerdings fand ich dabei, dass er das gleiche Schriftstück früher schon mal an die "Freie Presse" versendet hatte und dabei von einer Kollegin im Ressort Kultur auch eine Antwort bekommen hatte, auf der zu lesen war: "Es übersteigt aber unser Verständnis und unseren Zeitfonds, das alles zu studieren und zu begreifen." Was soll sich sagen: Ich fühlte mich geschmeichelt und fasst den Entschluss, wenn ich das nächste Mal hier über Verschwörungstheorien schreibe, einen ernsten und getragen Ton an den Tag zu legen.
Episode 2: Ältere Leser, die noch richtige Briefe schreiben, wenn sie mir etwas mitteilen wollen, haben die wunderbare Angewohnheit, nicht irgendwelches Papier zur Hand zu nehmen und darauf ihre Zeilen zu schreiben, denn sie wählen es, was man fast immer unschwer erkennen kann, mit Bedacht und Sorgfalt aus. Sollte ich eines Tages, was ich allerdings bezweifeln möchte, meine Memoiren schreiben, werden dieser Umstand und meine Rückschlüsse aus der Wahl das Papiers ein eigenes Kapitel einnehmen. Dann werde ich auch berichten von der Leserin, die mir (mit einer von der Mühe des Schreibens gekennzeichneten Handschrift) in nur drei Sätzen mitteilte, was sie von den Bemühungen der Europäischen Union hielt, gegen das Rauchen vorzugehen - nämlich gar nichts: "Rauchen war schon immer da und wird es auch bleiben", heißt es in einem der Sätze. Was mich begeistert hat: Geschrieben waren diese Zeilen auf einer zusammenklappbaren Glückwunschkarte mit einer Vorderseite, die als Motiv das Gemälde "Bouquet aus Chrysanthemen" von Pierre-Auguste Renoir zeigte; ich liebe diesen Blumenstrauß.
Episode 3: Dass Leser (vor allem in Mails) es mit der Rechtschreibung und vor allem mit der Zeichensetzung nicht immer so genau nehmen, war zwar anfangs etwas gewöhnungsbedürftig für mich, aber mittlerweile akzeptiere ich es als nicht zu verändernde Tatsache. Deshalb kann ich auch ohne jeden weiteren Kommentar dazu einen neuen Rekord vermelden: Ein Leser hat mir in 357 Wörtern sein Empörung darüber mitgeteilt, dass seine Krankenkasse ihm das Krankengeld verweigert, obwohl es ihm seiner Ansicht nach zustehe. Und in dem gesamten Text gibt es nicht ein einziges Satzzeichen; keinen Punkt, kein Komma, gar nichts.
Episode 4: Es war nur eine kurze Nachricht, sie trug die Überschrift "Späher verursachen erheblichen Schaden", und es ging um Online-Banking. Am Ende der Meldung wurde eine LKA-Sprecherin zitiert: ?Entwarnung kann aber nicht gegeben werden. Die Sachsen sollten beim Onlinebanking weiter sehr aufmerksam sein.? Ein Leser wollte von mir wissen:
"Was soll das heißen, ich soll aufmerksam sein?"
"Haben Sie ein Virenschutzprogramm und eine Firewall auf Ihrem Computer installiert?"
"Keine Ahnung, mein Enkel kümmert sich darum."
"Geben Sie beim Einloggen einen Anmeldenamen ein?"
"Ja sicher, meinen eigenen natürlich, mit Vor- und Nachnahme."
"Anschließend eine Pin?"
"Ja, aber warum wollen Sie das wissen?"
"Haben Sie die Pin schon mal geändert?"
"Noch nie, warum sollte ich auch, ich kann mir diese gerade so merken."
"Geben Sie bei Überweisungen eine TAN-Nummer ein?"
"Ohne die geht es doch gar nicht, obwohl ich das ziemlich umständlich finde."
Zu Beginn war ich mir noch sicher gewesen, diesen Leser an die zuständige Fachredaktion verweisen zu müssen; nach dieser kurzen Unterhaltung aber habe ich mich mit dem Mann über die Grundlagen des Surfens im Internet und speziell des Online-Bankings unterhalten; es waren unterhaltsame Minuten, ich kann es nicht anderes formulieren; manchmal verzeihe ich mir das Schmunzeln selbst nicht so leicht.
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